12. Februar 2016

"Irgendwas zieht mich auf die Schattenseite"

Interview geführt von

Heiße Öfen, harte Kerle und jede Menge Action: Für Freunde härterer Gangarten ist die amerikanische Biker-Serie "Sons Of Anarchy" ein Muss. Aber auch für Musikliebhaber haben die insgesamt sechs Staffeln so einiges zu bieten. Leonard Cohen, Curtis Stigers, Jane's Addiction, Metallica, Social Distortion: Die Soundpalette reicht von hart bis zart und lässt die Herzen vieler Freunde von handgemachter Rock- und Singer/Songwriter-Klänge höher schlagen. Auch Jake Smith alias The White Buffalo ist mit einigen Stücken vertreten.

In seiner Heimat hat der bärtige Kalifornier bereits vier Alben veröffentlicht. Mit seinem fünften Studiowerk "Love And The Death Of Damnation", auf dem er abermals eine markante Mixtur aus Blues, Rock, Amerikanan, Country und Rockabilly präsentiert, wagt er sich nun erstmals über den großen Teich. Wir trafen Jake Smith in Berlin und plauderten über musikverrückte Eltern, die erste Gitarre und den ewigen Kampf zwischen Gut und Böse.

Jake, in deiner Heimat bist du längst kein Unbekannter mehr. Hier in Deutschland kennen dich noch nicht so viele. Wie fühlt man sich dabei, anderswo praktisch wieder von null anzufangen?

Jake Smith: Es fühlt sich großartig an. Ich meine, der Unterschied ist ja auch nicht soooooo groß. Bei mir daheim läuft es zwar schon ziemlich gut. Aber es ist natürlich noch viel Luft nach oben. Insofern passt das schon alles. Außerdem bin ich gerne unterwegs. Ich war jetzt auch schon zwei oder dreimal in Deutschland. Und ich bin immer wieder begeistert. Die Menschen sind zuvorkommend, nett und hilfsbereit. Das gefällt mir. Ich bin gerne hier.

Du hast gestern in Berlin im Ramones Museum gespielt; nur du und deine Gitarre. Wie lief's?

Ein toller Abend. Die Location allein ist schon der Hammer. Ich bin selbst großer Punk-Fan.

Das hört man dem einen oder anderen schnelleren Song auf deinem neuen Album auch an. Grundsätzlich bist du aber eher im Country und Blues verwurzelt, richtig?

Ja, ich bin mit Country groß geworden. Bei uns zuhause lief jeden Tag Musik, und meine Eltern haben auch ständig Konzerte besucht. Irgendwann haben sie mich einfach mal mitgenommen. Das muss so Mitte der Achtziger gewesen sein. Danach war ich ungefähr zehn Jahre lang fast jedes Wochenende mit meinen Eltern unterwegs. Wir sind quer durchs Land gefahren und haben versucht, so viele Shows wie möglich mitzunehmen. Ich habe sie alle gesehen: Die Großen, die Kleinen, die Guten und die Schlechten. (lacht)

Wer war gut, wer war schlecht?

Kein Kommentar. (lacht)

Dann kam der Blues?

Nein, der Blues war auch Teil dieser Phase. Viele Country-Künstler der alten Schule haben auch Blues-Elemente in ihren Songs.

Hast du während dieser Zeit schon selber Musik gemacht?

Nein, das kam erst später. Als ich auf die High School kam, switchte ich erst einmal auf Punkmusik um. Die Kids standen nicht auf Blues und Country. Man passt sich dann irgendwie an. Meine erste Gitarre hatte ich dann mit 19.

Spätstarter.

Ja, total. Ich kann dir auch gar nicht sagen, wann genau ich umgesattelt bin. Irgendwann hatte ich einfach Lust darauf, mich selbst auszuprobieren. Also besorgte ich mir eine Gitarre und legte los.

"Mir ging es immer nur um die Musik"

Hast du auch zeitgleich mit dem Singen begonnen?

Nein. Die erste Zeit habe ich mich nur mit meiner Gitarre beschäftigt. Das Texten und Singen kam erst später dazu. Ich musste mir auch erst einmal darüber klar werden, was ich ausdrücken möchte, in welche Richtung es gehen soll und wie ich das Ganze dann in Worte fasse. Das hat eine Weile gebraucht. Irgendwann stand ich dann mit meiner Gitarre vor meiner Mutter und habe ihr meinen ersten selbst geschriebenen Song vorgespielt. Und meine Mum war begeistert. Das war der Startschuss. (lacht)

Was bei Mama funktioniert, funktioniert überall.

Genau. Du sagst es.

Deine ersten Alben klingen im Vergleich zu "Love And The Death Of Damnation" sehr düster. Woher kam all das Dunkle?

Das kann ich dir gar nicht genau sagen. Der ewige Kampf zwischen Gut und Böse, innere Konflikte, die Dunkelheit an sich: Das waren schon immer Themen, die mich interessiert haben. Schon irgendwie seltsam. Ich meine, mir selbst ging es immer gut. Dennoch steckt da etwas in mir drin, das mich regelmäßig auf die Schattenseite zieht.

Dein neues Album hingegen geht in eine andere Richtung. Ich würde fast schon von einer durchweg positiven Gesamtstimmung sprechen.

Ja, diesmal wollte ich ausbrechen. Sicher, es gibt hier und da noch düstere Stellen. Aber es ist definitiv ein positiveres Album geworden.

Und das erste, mit dem du dich in Europa vorstellst. Warum hat das so lange gedauert?

Ich bin keiner dieser Musiker, die auf Teufel komm raus die Welt erobern wollen. Mir ging es immer nur um die Musik. Ich wollte einfach nur gute Songs schreiben, Konzerte geben und hin und wieder mal ein Album aufnehmen. Das habe ich getan. Ich war zufrieden. Mit der Zeit stapelten sich allerdings die Anfragen aus anderen Ländern. Und irgendwann lenkt man dann ein. Und nun sitze ich hier und fühle mich großartig dabei. (lacht)

"Plötzlich waren die Bars und Clubs voll"

Daran sind deine Song-Beiträge zur Biker-Serie "Sons Of Anarchy" sicherlich nicht ganz unschuldig dran. Wie kam es eigentlich dazu?

Da bin ich zufällig reingerutscht. Damals hatte ich kein Management, keine Agentur und auch kein Label. Ich kannte die Serie auch gar nicht. Ich bin nämlich kein großer Fernsehgucker. Anyway ... Ich hatte zu der Zeit nur einen Anwalt an meiner Seite. Der kannte Bob Thiele, den Verantwortlichen für den Soundtrack der Serie. Der bekam von meinem Anwalt dann ein paar Songs von mir zugesteckt. Und so ging das dann los.

Definitiv ein Sprungbrett, oder?

Auf jeden Fall. Diese Zusammenarbeit hat mir immens dabei geholfen meinen Bekanntheitsgrad zu steigern. Plötzlich waren die Bars und Clubs voll und meine Songs wurden im Radio gespielt.

Deine Songs passen aber auch wie die Faust aufs Auge in die Show.

Das sehe ich genauso. In der Serie geht es ja um ähnliche Themen. Auch dort kämpfen die Protagonisten mit sich selbst, ihren Gefühlen und den dunklen Seiten des Lebens. Mittlerweile bin ich ein richtiger Fan der Serie. Was mir am meisten gefällt, ist die Art und Weise, wie Bob Thiele und sein Team die verwendete Musik mit in die Story einbeziehen. Die Songs fungieren nicht nur als musikalisches Beiwerk im Hintergrund. Sie sind mittendrin. Das was man hört und sieht findet auf einem Level statt. Das ist wirklich außergewöhnlich.

Der markanteste Song von dir in der Serie ist "Come Join The Murder". Der Text des Songs stammt von Kurt Sutter, dem Initiator und Produzent der Serie. Das Sahnehäubchen zum Schluss?

Ja, kann man so sagen. Ich bin aber stolz auf jeden einzelnen Track, der verwendet wurde. "Come Join The Murder" war aber sicherlich der Höhepunkt des Ganzen.

Bist du traurig, dass das Kapitel abgeschlossen ist?

Ja und Nein. Es war eine tolle Erfahrung. Und wer weiß? Ohne die "Sons Of Anarchy"-Kollaboration würde ich heute vielleicht nicht hier in Berlin sitzen und mit dir reden. Aber irgendwann muss man auch wieder weiterziehen. Insofern passt das schon. Jetzt blick ich nach vorne und konzentriere mich auf das, was in den nächsten Wochen und Monaten ansteht.

Das wäre?

Nun, ich fahre jetzt gleich nach Hamburg und werde dort abends noch eine Akustik-Show spielen. Danach geht's weiter nach Paris. Wenn ich dann wieder in den Staaten bin, geht die Tour los. Es liegt also so einiges vor mir.

Wirst du mit deinem neuen Album auch noch einmal für ein paar Shows nach Deutschland kommen?

Das hoffe ich. Wir arbeiten daran. Ich denke, dass wir vielleicht für den Herbst-Zeitraum einige Club-Shows organisieren können.

Viel müsst ihr ja nicht einpacken. Ihr seid ja nur zu dritt unterwegs, richtig?

Ja, genau. Das ist alles schön übersichtlich. (lacht) Eine Gitarre, ein Bass, ein Schlagzeug: Mehr brauchen wir nicht. Und das Drumset ist zudem noch ziemlich klein. Am Übergepäck wird es jedenfalls nicht scheitern.

Abschließend würde mich noch interessieren, wie es zu dem Namen The White Buffalo kam. Klingt der einfach nur besser als Jake Smith? Oder steckt da eine tiefere Geschichte dahinter?

Nein, da steckt nichts Großes dahinter. Ich glaube einfach nicht, dass ich mit dem Namen Jake Smith viele Leute mobilisieren würde. The White Buffalo klingt da schon wesentlich markanter. Das ist ein Name, der die Leute neugierig macht.

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT The White Buffalo

Fans der TV-Serie "Sons Of Anarchy" werden Jakob A. Smith alias The White Buffalo kennen. Der kalifornische Sänger, der über Country und Punk zum klassischen …

1 Kommentar mit 3 Antworten