laut.de-Kritik

Ein Norweger auf den Spuren Bon Ivers.

Review von

Songwriter mit gebrochenem Herzen und fragiler Stimme, die auf Nick Drakes Pfaden wandeln, gibt es reichlich, vor allem in den USA. Bon Iver, William Fitzsimmons, Iron & Wine und wie sie alle heißen. In Norwegen dürfte die Zahl etwas geringer ausfallen, dafür strahlt der Stern von Thomas Dybdahl dort umso heller.

Mit seinem siebten Album "What's Left Is Forever" stehen seine Chancen vermutlich gut, erneut einen Spellemannprisen, eine Art norwegischen Grammy abzugreifen. Larry Klein, der früher mit Joni Mitchell oder Tracy Chapman arbeitete, produzierte die Platte und wie erwartet umnebeln entrückte, zart gehauchte Songs die Sinne des Hörers.

Sanfte Akustik-Stücke wie "Easy Tiger", bei dem noch ein paar kitischige Streicher vorbeischauen, "Soulsister" oder "So Long" liegen Dybdahl definitiv, zumal sich seine zerbrechliche Stimme dort voll entfaltet. Doch gleichzeitig fehlt es ihnen an Charakter: Zu entscheiden, ob es sich um eine B-Seite von Bon Iver oder um einen Titel des Norwegers handelt, dürfte ohne Zusatzwissen gelegentlich schwer fallen.

Deutlich spannender gestalten sich da Tracks wie der Opener "This Love Is Here To Stay". Statt des ewig sphärischen Gesäusels zeigt der Songwirter sich hier von seiner souligen Seite mit Anflügen von Kopfstimme. Die instrumentale Untermalung mit Bass, E-Gitarre und Keyboard unterstreicht die verführerische Stimmung, die sich ausbreitet und einen mit falschen Vorstellungen in den Rest des Albums lockt.

"I'm slowly going insane / The place is all that remains / And I don't feel ashamed I can't remember my name / But I pray this love is here to stay" wirkt lyrisch auch etwas interessanter als Floskeln wie "Funny how things change, but the past still remains." ("So Long")

Gegen Ende sorgt "But We Did" für angenehme Abwechslung nach einer Reise durch den Herzschmerz des Norwegers. Die nervöse Gitarrenbegleitung geht zunächst unter dumpfen Drums unter, ehe sie für ein dramatisches Solo wieder aufheult. Das Leid vermischt sich mit einer Düsternis, die ein wenig an Arcade Fire erinnert. Mit einem leicht hysterischen "Deeper and deeper and deeper and deeper" klingt der Song am Ende aus.

Mit "Man On A Wire" und "Running On Fumes" schustert Dybdahl zwei weitere, wenn schon nicht Uptempo-, so doch zumindest Midtempo-Nummern zusammen, die mit leise pochenden Beats und Klatschen nach vorne treiben. Die dabei mitschwingende Pop-Note schadet den tristen Folk-Songs kein bisschen.

Insgesamt plätschert gut die Hälfte der 13 Songs etwas langsam vor sich hin. Langeweile kommt vor allem auf, wenn sie die Grenze von 3:30 Minuten überschreiten. Hätte sich der Songwriter ein paar mal öfter an Stücke wie "This Love Is Here To Stay", seine Kopfstimme und weniger verletzte Seite gewagt, wäre sicher mehr drin gewesen.

So bleibt "What's Left Is Forever" ein solides Folk-Album, mit dem Dybdahl es verpasst, aus dem Schatten von Nick Drake oder Bon Iver zu treten, die automatisch zur Referenz herangezogen werden und denen er einfach nicht das Wasser reichen kann.

Trackliste

  1. 1. This Love Is Here To Stay
  2. 2. Easy Tiger
  3. 3. Running On Fumes
  4. 4. Shine
  5. 5. Soulsister
  6. 6. Man On A Wire
  7. 7. I Never Knew That What I Didn't Know Could Kill Me
  8. 8. Interlude
  9. 9. City Lights
  10. 10. So Long
  11. 11. The Sculptor
  12. 12. But We Did
  13. 13. This Next Wave Is A Big One

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