laut.de-Kritik

Lee Hazlewood-Hommage mit Frank Black, Isaac Brock und Co.

Review von

Das 1963 erschienene Lee Hazlewood-Album "Trouble Is A Lonesome Town" ist dem drei Jahre älteren Johnny Cash-Album "Ride This Train" nicht unähnlich: Beides sind sogenannte Konzeptalben, denen eine Story zugrunde liegt, die nicht ausschließlich in Songform erzählt wird. Daher beginnt fast jeder Song mit einer eingesprochenen Vorgeschichte ("narrated and sung in a manner which will give you a unique half hour of enjoyment" hieß es damals auf der LP-Rückseite).

Dieses seinerzeit revolutionäre Vorhaben (bis "Sgt. Pepper's" dauerte es noch vier Jahre) fand bei den Plattenbossen der frühen 60er Jahre wenig Gnade. Cash ließ man solche Spirenzchen aufgrund seiner Palette an finanziell einträglichen Country-Hits durchgehen, dem bereits 34-jährigen Hazlewood wiederum half sein erworbenes Renommee als Radio-DJ, Produzent und Ghostwriter für diverse Künstler. Die Geschichte einer fiktiven Stadt namens Trouble sah 1963 nur das Tageslicht, weil dem mit Hazlewood befreundeten Labelmanager von Mercury Records der Ansatz gefiel.

Beide Alben zählen heute nicht zu den großen Verkaufsschlagern der Künstler, wobei es bei Hazlewood ohnehin schwierig wird, einen solchen überhaupt zu benennen. Bis heute ist der 2007 gestorbene Texaner für seine mit Nancy Sinatra einsgespielten Hits ("These Boots Are Made For Walking", "Some Velvet Morning") bekannt.

Die nun vorliegende Hommage an sein Solodebüt initiierte Frank Blacks Gitarrist Charles Normal. Der Plan: Das im Original sehr reduzierte Klangbild orchestral anzureichern. Das Resultat ist nicht nur aufgrund der bekannten Teilnehmer eine kurzweilige Scheibe geworden.

Nach dem Ennio Morricone-Gong des Openers legt der Pixies-Chef gleich schwungvoll los und eröffnet den Reigen im Mariachi-Stil. Beim Latino-Rhythmus von "Son Of A Gun" darf auch Blacks achtjähriger Sohn ans Mikro; "Run Boy Run" inszeniert er als galoppierende Countrynummer.

Das rockige "Six Feet Of Chain" des Wahlkaliforniers Pete Yorn hat mit dem Original kaum mehr etwas zu tun, was im Prinzip nie die schlechteste Idee bei einer Coverversion darstellt. Doch nicht nur bei den Songs des angeblichen Christian Rock-Pioniers Larry Norman ("Ugly Brown", "Trouble Is A Lonesome Town") fehlt Hazlewoods Bariton an allen Ecken und Enden.

Die außergewöhnliche Stimme von Isaac Brock (Modest Mouse) und der klaviergetriebene Rhythmus von "The Railroad" markiert einen Höhepunkt, neben dem Courtney Taylors langatmiger Rock in "Look At That Woman" deutlich verblasst. Eddie Argos bringt "Peculiar Guy" erwartungsgemäß auf Art Brut-Linie.

Als Hazlewood-Maniac begrüße ich grundsätzlich jede Hommage, wenngleich es immer einer Sisyphusaufgabe gleicht, dem Tiefton-Meister aus Oklahoma das Wasser zu reichen. Zur 2002er Cover-Compilation "Total Lee" (mit Jarvis Cocker, Calexico, etc.) gesellt sich mit dem Thriftstore Masterpiece-Kollektiv nun ein weiteres Star-Ensemble, das auf die großen Taten eines zu Unrecht vergessenen Singer-Songwriters hinweist.

Die in diesem Frühjahr erschienene Neu-Edition des Originalalbums auf Light In The Attic/Cargo sei an dieser Stelle ebenso empfohlen wie die Obskuritätensammlung "The LHI Years", die Songs seiner heute nur noch schwer zu findenden 60er- und 70er Jahre-Soloalben versammelt.

Trackliste

  1. 1. Long Black Train
  2. 2. Ugly Brown
  3. 3. Son Of A Gun
  4. 4. We All Make The Flowers Grow
  5. 5. Run Boy Run
  6. 6. Six Feet Of Chain
  7. 7. The Railroad
  8. 8. Look At That Woman
  9. 9. Peculiar Guy
  10. 10. Trouble Is A Lonesome Town

Videos

Video Video wird geladen ...

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Lee Hazlewood

"Eine der großen Schattenfiguren der Popgeschichte", schreibt die New York Times 1999 über Lee Hazlewood, nachdem er, einer der großen Produzenten …

Noch keine Kommentare