laut.de-Kritik
Unwiderstehlich kruder Mix aus Boombap und zuckrigem Trap.
Review von Stefan MertlikMit XXXTentacions Tod verlor eine Generation junger Rapper einen Anführer, auf den sie sich alle einigen konnten. Trippie Redd, der auf Stücken wie "Fuck Love" gemeinsame Momente schuf, widmet dem Verstorbenen nun sein zweites Studioalbum. "!", die inoffizielle Fortsetzung von XXXTentacions "?", ist die beste Platte, die Trippie Redd je aufgenommen hat.
Dieser Superlativ gehört natürlich richtig eingeordnet. "!" ist kein Meilenstein der Musikgeschichte, markiert für Trippie Redd aber einen deutlichen Schritt nach vorne. Mangelnde Songwriter-Fähigkeiten, ein schlechtes Händchen bei der Beat-Wahl und kein Gespür für Dramaturgie auf Albumlänge: Kritikpunkte gab es in der Vergangenheit viele. All das erledigt der 20-Jährige auf "!" deutlich besser.
Auch wenn es kein "Topanga" oder "Wish" gibt, beherrscht Trippie das Spiel mit den entspannten Vibes und eingängigen Hooks noch immer. Über diese unwiderstehlich krude Mischung aus weichem Boombap und zuckrigem Trap legt er Flows und Adlibs, die entweder straight dem Viervierteltakt folgen ("Be Yourself") oder mit der Melodie in anderen Sphären schweben ("Throw It Away").
Die 38 Minuten wirken auch ohne erkennbare Songstrukturen kompakt. Lückenfüller gibt es keine, dafür Experimente, die aus den bekannten Trippie-Mustern ausbrechen. Der Opener setzt mit verfremdeten Streichern und nach vorne preschenden Keys das sprichwörtliche Ausrufezeichen, "Immortal" weckt trotz eines unpassenden The Game-Parts Reggae-Assoziationen, und die Fanfaren in "Under Enemy Arms" hätte Young Jeezy nicht besser verwurstet.
Trippie Redd stellt keine Fragen, sondern äußert klare Vorstellungen. Daher passt das Ausrufezeichen umso besser: "I can't keep focusing on anybody / I have to focus on myself / I can't keep focusing on anybody / In order to get closer to myself." Klänge es nicht so abgeschmackt, man könnte dem Rapper einen Reifeprozess unterstellen.
Zur Mutter Theresa mit Gesichtstattoos wird Trippie auf "!" trotzdem nicht. "Don't die on me, say no to suicide", heißt es in "Snake Skin". Ob er damit wirklich Selbstmordprävention betreiben oder sich über neidische Kontrahenten lustig machen möchte, bleibt ungewiss. Was sich bisher nur in Trippies Gesicht gezeigt hat, erreicht jetzt aber auch die Musik: Sympathische und beängstigende Züge treffen aufeinander.
"I'ma hop out with that Mac 10 / Pussy get shot for that cappin' / Pussy get popped 'bout that actin' / Please say hello to my gat, bitch", haut er die Gewaltfantasien auf "Mac 10" in charmanten Worten heraus. Trippie kennt seine Pappenheimer, und die werden an "!" ihre helle Freude haben. Der Rest bringt trotz deutlicher Fortschritte die gleichen Gegenargumente wie beim letzten Mal an.
1 Kommentar
Was soll man schon von nem Review am Release day erwarten. Völlig seicht und nichtssagend.