laut.de-Kritik

Frisches Blut für den Panzer.

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Der Tank ist top geölt. Während viele Musiker, die wie Udo Dirkschneider stramm auf die Siebzig zu marschieren, mit der Rente liebäugeln, ist der ehemalige Accept-Fronter weiterhin ultra-aktiv. Neben seiner Stammformation U.D.O., die auf "We Are One" mit dem Musikkorps der Bundeswehr kooperierte, gibt es noch das Dirkschneider-Live Projekt sowie The Old Gang mit den alten Weggefährten Peter Baltes und Stefan Kaufmann. Zudem spielte der robuste Rocker im bulgarischen Plovdiv eines der größten Konzerte unter Pandemie-Bedingungen ("Live In Bulgaria – Pandemic Survival Show"). Als wäre das noch nicht genug, wartet Dirkschneider nun mit einer neuen U.D.O.-Langrille auf. "Game Over" ist Album Nr. 17 und verspricht 68 Minuten hemdsärmelig gespielten Old School-Metal.

Der seit 2013 die Klampfe pflegende Russe Victor Smirnov bekommt mit Blick auf das Songwriting Zuwachs. Die beiden Neulinge Tilen Hudrap (Bass) und Dee Dammers (Gitarre) bringen sich kompositorisch ein. Auch Sven Dirkschneider, Kesselklopper und Sohn von Udo, arbeitet an den Gesangslinien des Papas mit. Die Vater-Sohn-Achse, die Mischung aus Alt und Neu, machen dieses Album besonders.

Egal wo The German Metal Tank aufschlägt, qualmen die Verzerrer und verbreiten Volksmusikstimmung. Entsprechend hält der 69-Jährige trotz Frischzellenkur die Ketten fest in der Hand und entfernt sich keine 6,66 Millimeter vom metallischen Reinheitsgebot. Dafür steht in erster Linie Dirkschneiders Stimme, für die die Bezeichnung Reibeisenorgan erfunden scheint.

Als der Fleisch gewordene Tarnkappenbomber vor sieben Jahrzehnten auf die Welt gekommen ist, hat er einen Schrei ausgestoßen. Dieses Selbstverständnis hat er beibehalten. Dirkschneider prangert Krieg und Klimawandel an. "Game Over" spiegelt die veränderten Bedingungen für Musikschaffende in Pandemiezeiten wider wie auch die zunehmenden Auswirkungen der Klimakrise sowie weltweiter kriegerischer Auseinandersetzungen.

Als Mitbegründer des Genres behält sich Old Udo auch ein Anrecht vor, sich aus dem metallischen Fundus zu bedienen. Bei "Fear Detector" luken Judas Priest um die Ecke. "Holy Invaders" spendiert klassischen US Metal, wie ihn Savatage zu "Sirens" oder "Power Of The Night"-Zeiten zelebriert haben. Die Gitarrenduelle in "Prophecy" stünden auch gut den eisernen Jungfrauen zu Gesicht.

Wer bei "Kids And Guns" nicht an AC/DC denkt, hat in seinem Leben noch nie "Highway To Hell" gehört. Dass es auch ein härter geht, zeigt das thrashige "Like A Beast", das mit einigen satten Riffs der Marke Jeff Waters aufwartet. Mit "Marching Tank" pflügt ein Midtempo-Kracher im Stile von Manowars "Warriors Of The World" durch die Schützengräben.

"Speed Seeker" huldigt unverfroren Udos ehemaliger Band Accept inklusive Wolf Hoffmann Gedächtnis-Stechschritt in Sachen Gitarrenarbeit. Feuerzeuge und Taschentücher zücken heißt es bei "Don't Wanna Say Goodbey", eine von akustischer Konzertgitarre begleitete Schmonzette, die mit echtem Gesang aufwartet. "Unbroken" ist eine schöne Hardrock-Hommage mit einigen tollen AOR-Momenten.

Ähnlich wie AC/DC gestalten U.D.O. ihren knochentrockenen Heavy Metal stets hymnisch. Auch die Frage Accept oder U.D.O. erübrigt sich mit Blick auf die Qualität, die beide Kapellen an den Tag legen. Die Melodien sowohl instrumental als auch vocal in Verbindung mit prägnanten Punchlines sorgen für Begeisterung im heimischen Moshpit.

Trackliste

  1. 1. Fear Detector
  2. 2. Holy Invaders
  3. 3. Prophecy
  4. 4. Empty Eyes
  5. 5. I See Red
  6. 6. Metal Never Dies
  7. 7. Kids And Guns
  8. 8. Like A Beast
  9. 9. Don't Wanna Say Goodbey
  10. 10. Unbroken
  11. 11. Marching Tank
  12. 12. Thunder Road
  13. 13. Midnight Stranger
  14. 14. Speed Seeker
  15. 15. Time Control
  16. 16. Metal Damnation

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