laut.de-Kritik
Der Dealer bringt das Udopium.
Review von Markus BrandstetterUdo Lindenberg und Stadion – dass das wunderbar zusammenpassen würde, war abzusehen. Dennoch, es war relativ spät in seiner Karriere - 2014, um genau zu sein – dass es Lindenberg erstmals in die großen Arenen des Landes zog. Seine Karriere erlebt zu dieser Zeit bereits längst ihren goldenen Herbst: die Comicfigurwerdung längst abgeschlossen, die Durststrecken lange abgefrühstückt, musikalisch wieder oben auf und als Superheld und deutsche Konsensfigur sowieso längst sakrosankt.
Und wenn der Dealer schon der Panikfamilie Udopium ins Stadion bringt – Udo hat es selbst gesagt – dann in rauen Mengen. Dann schon Stadionmesse, is klar, ne? Mit Raketen und Schiffen, mit Aliens und Panikorchester, mit den alten Protagonisten und Sagenfiguren aus dem Lindenberg-Pantheon und vielen prominenten Gästen.
Nicht alle dieser Gäste muss und kann man mögen, aber Udos Panikfamilie inkludiert jeden, holt alle ab, gleichermaßen Veteranentreffen und ein bisschen Jungbrunnen, bisschen frisches Blut, klar, ne? Egal ob Helge Schneider (spielt ein Saxophon-Solo bei "Das kann man ja auch mal so sehen"), Stefan Raab (spielt Schlagzeug bei "Jonny Controletti"), Eric Burdon (dabei am Bonustrack "We've Gotta Get Out Of This Place") oder jüngeren Kalibern wie Clueso, Johannes Oerding oder Stefanie Heinzmann: alle kommen sie gern, wenn der Schiffskapitän ruft.
Ein normale Rockshow ist das, wenig überraschend, nicht – sondern eine unterhaltsame Mischung aus Theater, Comic, Musical, Tanz und Rock'n'Roll. Udo in Topform, die Skinny Jeans passen wie angegossen, die Uniform sitzt, die Stimme ist durch's Gurgel mit'm Eierlikörchen geölt. Und weil der Kapitän immer Sehnsucht nach dem Meer hat, gibt's gleich mal ein recht ausgiebiges maritimes Intro, dann "Odyssee": "Wir sind auf Odyssee, Odyssee – und keiner weiß, wohin die Reise geht", singt Udo. Sein Panikorchester geht gern mit ihm auf diese Reise.
Udo bleibt uns nichts schuldig, natürlich auch nicht die größten Hits. Natürlich geht's mit dem Sonderzug nach Pankow, natürlich liebt er dich überhaupt nicht mehr. "Honky Tonk Show", "Candy Jane"? Alles dabei, die Songs, die Moves, is klar, ne? "Alles klar auf der Andrea Doria"? Klar, Amigo. Auch einen Kinderchor holt sich Udo auf die Bühne, zum Beispiel für "Wozu sind Kriege da", aber auch schon davor für "Coole Socke", das ist Familienspaß und Udo-Früherziehung, mindestens so Rock'n'Roll wie Rolf Zuckowski und eventuell auch mal ein Anlass, die Skip-Taste zu benutzen, wenn man möchte.
Das alles serviert Udo seinen Udonauten und Udonautinnen im satten 2-DVD-Package – neben dem Konzert (Leipzig) und einigen Bonustracks (Berlin, Timmendorf, Hannover, Gelsenkirchen, Frankfurt) gibt's auch eine Backstage-Doku, in der Künstler, Musiker, Gäste und Filmcrew zu Wort kommen. Livespielen ist sein Eldorado, erzählt der Mann mit Hut, Sonnenbrille und Zigarre – und man glaubt's ihm.
Das ist Udo Lindenberg – Archetyp, Comicheld, Familienoberhaupt der Paniker, Erfinder, Entdecker, Identifikationsfigur für viele. Stärker als die Zeit, Amigo, Udopium für alle, Durchhalteparolen von der guten Seite, straight aus Udopia. Später Höhepunkt und so, ne? Weiter geht's. In Ewigkeit, döpndödö.
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