laut.de-Kritik

Musikalische Reise durchs regnerische Wien.

Review von

Wiens Musikszene ist groß. Und floriert. Das sollte nicht erst seit Kruder bekannt sein. Immerhin ist Wiener Köpfen der einzige Radiosender zu verdanken, der seit Jahren den deutschsprachigen Raum mit guter Musik versorgt. Das vorliegende Album hat mit beiden Argumenten für die Musikszene der Donaumetropole etwas zu tun. Erstens ist Urbs auf dem Kruder & Dorfmeister Label G-Stone gesignt, und zweitens passt sein innovationsfreudiger und vor allem hochqualitativer Sound ins Sendeschema von FM4. Auf seinem Debüt "Toujours Le Même Film ..." nimmt der als Paul Nawrata geborene DJ und Produzent seine Hörer mit auf eine musikalische Reise durch Wien.

Die Reise beginnt, wie könnte es anders sein, in einem typischen Kaffeehaus. "So Weit" bietet noblen Chic, zwar etwas aufgesetzt, wie die schiefe Fliege des Obers, aber erhaben, wie die Getränkekarte - in Wien gibt es keinen Milchkaffee, es heißt Melange! Ruhig widmen sich die Einheimischen der Lektüre und lauschen einem Piano, während sich deutsche Touristen lachend ein Stück Sachertorte gönnen. "Tu Moi Aussi?" heftet sich darauf an die Fersen der motivierten Touristen und entdeckt mit treibendem Beat schnellen Schrittes den Wiener Charme. Der ist angesichts des anhaltenden Regens aber leider nicht wie angekündigt fröhlich, erfrischend und heiter, sondern zeigt sich in sich gekehrt, in Melancholie und Nachdenklichkeit. Es fehlen die Farben, wenn es regnet in Wien, aber die Atmosphäre fesselt trotzdem.

Die perfekte Stimmung, um mit der U3 in Richtung Zentralfriedhof zu fahren. "Ununited" zieht beklemmend am Hörer vorbei, wie die Wände des U-Bahn-Tunnels am Fenster. Endstation Simmering. Vorbei an einem bemühten Saxophonist, hinein in die Linie 6. Am Zentralfriedhof angekommen, tonieren Orgel und Cembalo den Soundtrack für einen Gang über einen der größten Totengärten Europas. Plötzlich taucht ein Flötenspieler auf und spielt Duran Duran. Ja, die Wiener hatten schon immer ein außergewöhnliches Verhältnis zum Tod.

Kurz darauf begibt sich die Touristengruppe auf die Fährte von Harry Lime in die Kanalisation der Donaumetropole. "The Incident" liefert die hektische Hintergrundmusik für eine Tour auf den Spuren des 50er Jahre-Filmklassikers "Der Dritte Mann", um schließlich vor den Toren des Sissi-Schlosses Schönbrunn zu landen. "Operation W" bietet ein kaiserliches Cembalo und begleitet die Reisenden im Swing-Schritt durch die pompösen Gärten der Schlossanlage.

Es regnet noch immer, die Stimmung ist nach wie vor bedrückt, vereinzelt keimt der Wunsch auf, die Stadt schnurstracks auf der nahe liegenden Autobahn A1 zu verlassen. "Drive Anywhere" wäre dazu die perfekte musikalische Untermalung. Gut, das "Truly Majestic" die Gefühlslage ein wenig verbessert und melodisch zum Flanieren auf die Kärtnerstraße einlädt. Vorbei an unterschiedlichen, meist sündhaft teuren Boutiquen, musikalisch in Form von Saxofon, Bass und Orgel in Szene gesetzt, endet der Trip letzten Endes im Herzen von Wien.

Hier erwartet die Reisegruppe das eindrucksvolle Symbol Wiens - der Stephansdom. Im gotischen Prunkbauwerk erklingt monumental "Requiem For A Love Affair". Bläser schallen durch das Hauptschiff, das Schlagzeug treibt den andauernden Touristenstrom durch die Kirche, und die Orgel versetzt die Besucher in eine Stimmung, die sich mal nach Hochzeit, mal nach Beerdigung anhört. Der Trip durch Wien ist zu Ende, jetzt geht es wieder nach Hause. Da regnet es wahrscheinlich nicht, aber es herrscht sicher nicht so eine Atmosphäre.

Trackliste

  1. 1. So Weit
  2. 2. Tu Moi Aussi?
  3. 3. Ununited
  4. 4. The Chauffeur feat. Rodney Hunter
  5. 5. Nothing Gonna Change His Way
  6. 6. The Incident
  7. 7. Operation W
  8. 8. Drive Anywhere
  9. 9. Truly Majestic
  10. 10. The Lord's Dub feat. Christine Jones
  11. 11. Requiem For A Love Affair

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