laut.de-Kritik
Der Tag des jüngsten Gerichts lässt auf sich warten.
Review von Michael Edele"Matter And Form" ist jetzt ziemlich genau zwei Jahre alt, und diese zwei Jahre standen voll und ganz im Zeichen des Entstehungsprozesses von "Judgement". Anstatt wieder mit einem externen Produzenten und einer Deadline zu arbeiten, hat sich Ronan Harris lieber die entsprechenden Zeit genommen und das Album schlicht und ergreifend zu dem Zeitpunkt veröffentlicht, an dem es sich richtig angefühlt hat.
Die Covergestaltung von "Judgement" gibt schon einen Vorgeschmack auf das Kommende. Eine recht düstere Stimmung die vom schwarz/weiß der Abbildung noch verstärkt wird. Zwar bricht im Hintergrund doch noch das helle Licht durch, um zu verdeutlichen, dass noch Hoffnung besteht, dass noch nicht alles zu spät ist, aber die Lage ist unverkennbar ernst. So beschränkt sich auch Ronan nicht mehr darauf, von Hoffnungen und Wünschen zu singen, dass die Menschen irgendwann aufwachen und alles besser wird. Diese Mal sind deutliche Worte gefordert, und die gibt es auch.
Allen voran beim heftigen EBM-Kracher "Nemesis". Wenn selbst ein positiv-denkender Mensch wie Ronan schon singt: "Judgement day's not coming soon enough", dann sollte bei manchen Leuten vielleicht so langsam mal ein Umdenken einsetzen. Doch auch das nicht minder tanzbare "Testament" und das absolut düstere "Descent" zeichnen kein schöneres Bild unserer Zukunft. Ist denn wirklich alles schon kurz vor dem Ende? Haben wir nur noch die Wahl zwischen bedrückend und hoffnungslos? Gibt es keinen Platz mehr für Hoffnung und erbauliche Klänge?
Aber sicher doch, dafür stehen auf "Judgement" Songs wie "The Farthest Star" oder "Carry You". Ronan Harris wäre nicht VNV Nation, wenn er nicht auch wieder den Stücke geschrieben hätte, die schon allein mit ihrer Melodie wieder ein paar Sonnenstrahlen, ein wenig Hoffnung schenken. "Secluded Spaces" hält man fast schon für ein einfach nur wunderschönes Instrumental, ehe dieser Track auch textlich mit einem Gefühl der totalen Entspannung und Sicherheit endet.
Neben den beiden instrumentalen "Prelude" und "As It Fades" (die sich hervorragend zu akustischen Untermalung einer cineastischen Darstellung des Covers eignen würden) soll natürlich die wundervoll-traurige Ballade "Illusion" nicht verschwiegen werden, bei der man sich selbst in völliger Verzweiflung bei dem kleinen Sänger geborgen fühlt. Neben all den liebgewonnen, typischen VNV Nation-Klängen arbeitet er dieses Mal auch mit vollkommen ungewöhnlichen Sounds, allerdings nicht mit technoartigen Instrumentalstücken, die meinen persönlichen Hörgenuss stören könnten.
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