laut.de-Kritik

Ein saftiges Stück Rock fürs Berghain.

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Hört, hört. Da kommen minderjährige Jungs, zu jung für den angesagten Club, und knallen uns "Anomalie" vor den Latz. Ihr Debüt gleicht in Intensität und Kraft trotzdem einem Berghain-Besuch.

Der stete Aufstieg der drei Ulmer mündet in einem fabulösen Erstling: Van Holzen bewegen sich gegen die Regeln. Aus der Reibung entwerfen sie unbekannte Sounds, deren Gerüste zwischen Vereinsamung und Heavy-Riff changieren. Eine verspielte Gitarre jault in "Masquerade". "Leichenschmaus" dagegen entpuppt sich als derbes Brett. Auf "Anomalie" koexistieren Fragilität und Bombast in Einigkeit.

Die Vorabsingle "Herr Der Welt" kündet vom Kommenden: Breite, dicke Riffs treiben den Track voran, trotzdem tänzelt der Gesang fast schon verdächtig catchy über die Noise-Nummer. Sänger Kiesling nölt wie nebenbei Texte, die vor Enttäuschung und Wut über den Zustand der Welt nur so triefen: "Wenn normal sein ihr sein heißt / Steig' ich jetzt selbst ins Grab." Genau: Einfach mal Dampf ablassen.

In "Erfolg" geht schleppende Stoner-Atmosphäre in Ekstase und Eingängigkeit über. Die Jungs schaffen schier Unmögliches: Aus maximaler Wut und breiten Wänden entstehen Tracks die in ihrem Kern unglaublich tanzbar, fast schon bejahend wirken. Lässig und wie nebenbei thematisiert "Schüsse" die Ohnmacht, nichts gegen bestehende Kräfteverhältnisse ausrichten zu können. Das Stück ähnelt "Nie", dort regiert Bilderbuch: Beinah entfährt einem ein "Steig jetzt in mein Auto ein".

Zur etwas gröligen Stadion-Hymne entwickelt sich "Karneval" und offenbart einen Moment der Schwäche: Der Midtempo-Anzug sitzt noch lose auf den jungen Schultern, die Stimme wirkt in dem Gerüst aus harten Drums verloren.

"Hyäne" zeigt sich mit verästeltem Ton hörbar inspiriert vom schwäbisch-deutschen Post-Punk-Wunder aus Stuttgart. Parallelen zu Die Nerven existieren ohne Frage: Van Holzen beweisen Talent und Gespür dafür, entrückte Sounds zu entwerfen. Sie spielen mit Varianz und haben die Eier, um im harten Grundton der Platte eine elegante schmachtende Indie-Nummer samt schwelgerischem Riff zu droppen: Respekt!

"Anomalie" schließt Strömungen der aktuellen deutschen Post-Punk-Szene ein und garniert zugleich düstere Momente mit harten Riffs. Ekstatische Indie-Hymnen hausen neben dunklen Texten, nebenbei geht das Werk als ein saftiges Stück Rock durch.

Trackliste

  1. 1. Herr Der Welt
  2. 2. Erfolg
  3. 3. Reichtum
  4. 4. Schüsse
  5. 5. Karneval
  6. 6. Nie
  7. 7. Masquerade
  8. 8. Jagd
  9. 9. Hyäne
  10. 10. Kopfgeld
  11. 11. Keine Zeit
  12. 12. Leichenschmaus

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