laut.de-Kritik
Ein starkes Stück Selbstbestimmung.
Review von Yan VogelVan Holzen, so wie die Band heißt, so klingt sie auch: Einerseits adelig und altklug mit Blick auf die Texte und andererseits bodenständig in Sachen Sound und Songwriting. Dabei trägt das Trio aus Ulm seine Oden an Unglück und Verzweiflung ohne juvenilen Vorwärtsdrang vor.
Dass die Gelassenheit von Männern Anfang zwanzig stammt, mag mit Blick auf das Selbstverständnis überraschen. Die Band setzt mit dem dritten Album "Aus Der Ferne" konsequent ihren klar umrissenen Weg fort, der bereits auf dem Debüt "Anomalie" deutlich zu erkennen gewesen ist. Bemerkenswert ist es, dass Van Holzen die mittlere Reife übersprungen haben und das Krach-Abitur mit Bravour absolvieren.
Der Opener "Gini" lässt direkt den Geist aus der Flasche. Schnörkellos mit Schleifchen versehen grummelt die Gitarre, umspielt der Bass die Power Chords und untermalt die grollende Grabesstimme den akustischen Malstrom. Als käme Peter Steele aus der Gruft gekrochen und würde plötzlich in deutscher Sprache grollen. Der Einsatz des Octavers erinnert durchaus an die Minimalismus-Experten der frühen Royal Blood.
Mullbinden und Monotonie prägen den Sound. Die basslastige Klangästhetik von Post Punk und Dark Wave hat es den Mannen angetan. "Arche" startet mit einer Rückkopplung, die jedoch rhythmisch produziert, dem weiteren Verlauf des Tracks den Takt vorgibt.
"Ich träume vom Leben, das keiner regiert", ist ein Kernsatz wie ihn das flotte "Schlafen" ziert. Den liberalen Zeitgeist paart Sänger Thomas Kiesling mit einem aufmerksamen Blick auf das Zeitgeschehen, wie "Arche" erkennen lässt. Das Blenden des Schimmers eines Aluhutes stößt der Formation sauer auf. Die prägnanten und klaren Aussagen spiegeln sich bereits in den einfach betitelten Songs wider.
"Die Erde hat den Zweck erfüllt, als nächstes wird der "Mars" vermüllt". Was der Leitsatz eines Erzeugers fossiler Energien sein könnte, münzen Van Holzen als kundigen Blick auf die Klima-Katastrophe um. Flotte Rhythmen und flirrende Gitarren illustrieren die Flucht ins All.
"Aus der Ferne" ist ein starkes Stück Selbstbestimmung des Ulmer Monsters, stirbt jedoch in Schönheit des eigens gezogenen Kreis, in dem Van Holzen - für ihr Alter fast schon zu routiniert - zirkulieren. Bis auf weiteres sind nationale Konkurrenten wie Die Nerven, Erik Cohen oder Fjørt nur aus der Ferne zu betrachten.
1 Kommentar mit einer Antwort
Das Debüt hatte viel Schönes.
"Aus der Ferne" ist dagegen eher ein akustischer Impfdurchbruch.
Das Debüt fand ich auch sehr gut! Der zweite Tonträger hat mich dann schon nicht mehr abgeholt. Dein Kommentar lässt nun für das dritte Album nicht Gutes vermuten...