laut.de-Kritik

Du magst GoT nicht? Damit bist du nicht allein!

Review von

Nur um das einmal klarzustellen: Der Typ, der diese Review schreibt, schaut kein Game Of Thrones. Könnte man dementsprechend jetzt für eine ziemliche Fehlbesetzung halten, mich auf dieses Album anzusetzen, aber ein Hördurchgang durch "For The Throne: Music Inspired By The HBO Series Game Of Thrones" macht klar, dass diese Wissenslücke der Review keinen Abbruch tun wird. Die Leute, die sich hier auf Albumlänge den HBO-Gehaltscheck abholen, scheinen nämlich auch nicht gerade Westeros-Buffs zu sein.

Das Allstar-Aufgebot bedient sich auf diesem drögen Track-Haufen auf einem Inspirations-Level, das an einen Mittelstufenschüler erinnert, der sich in der Nacht vor dem Referat einmal die Wikipedia-Gliederung durchscrollt. Irgendwas mit Winter, irgendwas mit Thron, irgendwas mit Blutvergießen. Wer sich auf überzogene Fanfiction-Songs über Inzest, Hoftratsch und Drachen gefreut hat, wird enttäuscht. "For The Throne" ist rar an Bangern, dafür aber bis zum Überlaufen voll mit banalen Balladen.

Die erste fängt ja auch noch ganz nett an, Maren Morris besingt das pagane Klampfen-Ensemble mit leichtem Trip Hop-Knacks gegen Ende mit dem angemessenen Pathos und leitet die Platte interessanter ein, als sie es einlösen kann. Doch Ballade für Ballade wird das Projekt bierernster und unspannender, bis man irgendwann kaum noch trennen kann, wer da gerade vor sich hindudelt.

The Lumineers, The National oder Mumford & Sons, sie alle glänzen in diesem Modus nicht gerade, denn wenn es nichts persönliches zu erzählen gibt, gibt es auch nicht gerade viele Gefühle zu transportieren. Die brauchbaren Acts landen dementsprechend in einem bedeutungslosen Gewülst aus Allgemeinplätzen, die hier und da mit ein paar Schlagwörtern Franchise-gerecht gemacht werden. Niemand traut sich, wirklich den Nerd vom Stapel zu lassen. Aber Lust, in Sachen Epos und Pathos in die Vollen zu gehen, hatte wohl auch keiner.

Das ist schade, denn die Feature-Konstellationen machen ja durchaus etwas her: Rosalía auszugraben zum Beispiel ist eine fantastische Idee, und sie mit dem peruanischen Durchstarter A.Chal im Team arbeiten zu lassen, hätte so vieles sein können. Aber wenn man mal von Rosalias allgemeinem Vocal-Talent absieht, ist hier einfach wenig Liebevolles investiert worden.

Noch schlimmer wird es, wenn ein ziemlich starker Lil Peep-Refrain in noch poppigerer Produktion als auf "Come Over When You're Sober, Pt. 2" verheizt wird. Hätte man zumindest jemanden dazugeholt, der den Refrain ansprechend ummantelt. Aber Ty Dolla Sign ist gerade wohl die charakterärmste Feature-Hoe, die man sich irgendwie auf den Track einkaufen kann, die wie auch letzte Woche bei "Remember" von Axis' Katie überhaupt nichts Substanzielles zum Song hinzufügt.

Insgesamt ist nichts exemplarischer für die Probleme dieses Samplers, als der einzige Versuch eines Bangers, der unternommen wurde. Travis Scott, SZA und The Weeknd auf einem Track zu vereinen, wäre ja ein wunderbarer erster Schritt gewesen. Aber sie dann ein noch sterilisierteres "Pray For Me" machen zu lassen, das selbst ja schon ein sterilisiertes "Starboy" war, hätte wirklich nicht sein müssen. Und wieder: Der einzige Game Of Thrones-Bezug in diesem völlig uninspirierten Song sind die vagen Referenzen auf irgendwelche Mächte und Thröne in einer Retorten-bedrohlichen Atmosphäre, die man so in jeden mittelmäßigen Fantasy-Trailer packen könnte.

Da freut man sich ja fast schon, dass A$AP Rocky und Joey Bada$$ auf ihrem erschreckend langweiligen Feature-Track zumindest die offensichtlichsten Referenzen gemacht haben, die die Serie hergegeben hat. "I grew up with soldiers like Ned Stark" ist halt ungefähr so kreativ wie "Habe Ringe wie Frodo" oder "Bin fly wie Han Solo", aber an diesem Punkt nimmt man, was man kriegen kann, wenn es auf diesem drögen, drögen Album überhaupt mal jemand ein bisschen versucht.

"For The Throne" macht keinen Spaß und vermutlich auch keinen Game Of Thrones-Fan wirklich glücklich. Denn wenn diese Platte mein einziger Referenzpunkt darüber wäre, wie das Universum dieser Serie aussehen könnte, dann müsste es wohl die generischste und langweiligste Fantasy-Geschichte der Welt sein. Nachdem was man so hört, kann die Show ja wirklich mehr. So wie so ziemlich jeder Artist in dieser Tracklist mehr könnte (außer den X Ambassadors, die ja mehr oder weniger exklusiv für Filmtrailer oder Autowerbungen schreiben). Aber scheinbar war die kreative Arbeit an diesem Sampler schon mit dem Zusammenstellen der Tracklist abgeschlossen.

Trackliste

  1. 1. Maren Morris - Kingdom Of One
  2. 2. SZA, The Weeknd & Travis Scott - Power Is Power
  3. 3. The Lumineers - Nightshade
  4. 4. Ellie Goulding - Hollow Crown
  5. 5. X Ambassadors & Jacob Banks - Baptize Me
  6. 6. A$AP Rocky & Joey Bada$$ - Too Many Gods
  7. 7. The National - Turn On Me
  8. 8. James Arthur - From The Grave
  9. 9. Rosalia feat. A.Chal - Me Traicionaste
  10. 10. Lil Peep feat. Ty Dolla $ign - When I Lie (Remix)
  11. 11. Lennon Stella - Love Can Kill
  12. 12. Chloe X Halle - Wolf At Your Door
  13. 13. Mumford & Sons - Devil In Your Eye
  14. 14. Matt Bellamy - Pray (High Valyrian)

Videos

Video Video wird geladen ...

5 Kommentare mit 6 Antworten