laut.de-Kritik

Prog-Metal, der in Pop-Arenen funktionieren würde.

Review von

Vola aus Dänemark zählen schon seit einer Weile zum heißesten New shit des Progmetal. Nach dem Geheimtipp-Status dank des Debüts "Inmazes" gelang mit dem anschließenden "Applause Of A Distant Crowd" und folgenden Touren als Support von Haken und Dream Theater der Sprung in die größere Szene-Öffentlichkeit. Dabei gelang ihnen auf beeindruckende Weise, sowohl Fans der 'alten Schule' des Genres als auch die moderne Djent-Klientel anzusprechen. Ganz zu schweigen von Leuten, die mit Prog sonst eher wenig am Hut haben.

Genau dieser Spagat zwischen unterschiedlichen Lagern macht nun auch "Witness" so großartig. Niemand kann Vola vorwerfen, ihre Wurzeln zu verraten – im Gegenteil. Nach dem ruhiger angelegten Vorgänger setzen Asger Mygind (Gitarre, Vocals), Martin Werner (Keyboards), Nicolai Mogensen (Bass) und Adam Janzi (Schlagzeug) bewusst auf mehr Härte. Zuhauf erklingen majestätisch schiebende Riffs, manchmal erinnern sie an Meshuggah. Gleichzeitig dringen Vola weiter in Gefilde vor, die auf den ersten Blick weder mit Prog noch mit Metal irgendetwas zu tun haben.

"24 Light-Years" zum Beispiel bestreiten sie ungeniert mit dominanten Coldplay-Vibes. Zwar frickeln Gitarre und Schlagzeug von Beginn an hektische Patterns – die Stimmung prägen aber Martin Werners warmer Ambient-Synth-Teppich und lang gehaltene E-Piano-Akkorde, während Asger Mygind dazu mit weicher Stimme wunderschöne, mit leichtem Kitsch liebäugelnde Pop-Vocals dazu webt. Bei "These Black Claws" changieren Trap-Beat und tief gestimmte Breakdown-Walze, der Refrain erinnert stark an "In The Army Now", die zweite Strophe übernimmt Rapper Bless vom Hip Hop-Duo Shahmen. Letzteres funktioniert tatsächlich reibungslos, ohne dass Vola auch nur in die Nähe eines lauwarmen Nu Metal-Aufgusses rutschen. Die abgründige, an Tyler The Creator gemahnende Stimme Bless' bildet zudem einen interessanten Kontrast zu Myginds hoher Gesangslage.

Dass Mygind zu seinen wichtigsten Einflüssen Steven Wilson zählt, hört man in der Ballade "Freak". Sogar an das Guthrie-Govan-ähnliche Gitarrensolo denken Vola hier. Von Wilson übernehmen Vola auch das Gespür, eingängige Melodien in komplexe Arrangements zu packen. Jeder Song verfügt über eine griffige Hook, die Mygind gerne hymnenhaft zelebriert. Nicht oft hat man das Gefühl, dass Refrains einer Prog- oder Metal-Combo auch in Pop-Arenen funktionieren würden. Sleep Token fallen einem da ein – und das hier. Songs wie "Napalm" und "Straight Lines" verlangen danach.

Wesentlichen Anteil daran, diese erhebenden Momente in Szene zu setzen, hat – neben den exzellenten Arrangements der Band – Mischer Jacob Hansen (Volbeat). Er hüllt "Witness" in ein pulsierendes Hi-Fi-Klanggewand mit viel Wärme in den ruhigen Passagen, aber auch reichlich Grit und Wucht, wenn der Djent-Schraubstock zuzieht. Tatsächlich beeinflusste die Aussicht auf die Zusammenarbeit sogar indirekt das Songwriting. Erst als feststand, dass Hansen Mix und Master übernehmen würde, begann die Band ernsthaft damit, die neuen Stücke zu komponieren.

Das Ergebnis ist 'Next-Level-Vola' – zum einen rein musikalisch, vor allem aber im Sound. Basierend auf einem Fundament, das ohne sich an glattgebügelte Melodic Metal-Booms anzubiedern Progmetal mit Pop verbindet, bauen die Dänen ihre eigene Marke weiter aus. Wohin die weitere Einwicklung führen wird. bleibt offen - klar scheint aber spätestens nach diesem Werk: Auf die ein oder andere Weise wird die Zukunft des Progmetals ab hier nach Vola klingen.

Trackliste

  1. 1. Straight Lines
  2. 2. Head Mounted Sideways
  3. 3. 24 Light-Years
  4. 4. These Black Claws
  5. 5. Freak
  6. 6. Napalm
  7. 7. Future Bird
  8. 8. Stone Leader Falling Down
  9. 9. Inside Your Fur

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