laut.de-Kritik
Eine Platte wie ein Paillettenkleid: schillernd, verführerisch, elegant, vulgär.
Review von Matthias von ViereckEine Platte wie ein Paillettenkleid. So schillernd wie verführerisch, so elegant wie vulgär. Ein wenig fühlt man sich wie in Arthur Schnitzlers "Traumnovelle". Der Bassist der Wild Beasts, Tom Fleming, wird im Pressetext zur Platte mit folgenden Worten zitiert: "Du bist auf einer großen Party, danach draußen auf der Straße oder in einem Schlafzimmer…". Auch von "gegenstandsloser Lust" ist die Rede.
Und ja, es erleichtert den Zugang zu dieser Scheibe tatsächlich, wenn man sich beim Hören vorstellt, man begleite "Two Dancers" bei den Ausschweifungen einer Nacht. Wie nahe sich die beiden dabei kommen, zeigt schon das Coverbild, auf dem zwei Figuren zu einer verschmelzen. Dazu das wundertolle, übergeschlechtliche, teils ins Weinerliche kippende Falsett von Frontmann Hayden Thorpe, das dem Gesang eines Antony Hegarty in Sachen Außerweltlichkeit in Nichts nachsteht und bisweilen auch an Scott Matthew denken lässt.
"Why should we feel bad for what we've done?", fragen die Two Dancers dann auch kokett in "We Still Got The Taste Dancin' On Our Tongues". Man ahnt, dass hier stets auch die Kehrseite des Hedonismus mitgedacht wird: Sünde vs. Gewissen, der Morgen nach der Party, nach dem Exzess. Songs voller Leidenschaft also, auf dieser, der zweiten Platte des britischen Quartetts, die jedoch stets durch eine distinguierte Eleganz abgefedert werden, wie man sie so wohl nur bei Pop-Acts aus dem United Kingdom antrifft.
Es handelt sich um gezähmte Ekstase, die ganz große Feier wird man hier vergebens suchen, so eindeutig zweideutig die Texte auch sein mögen: "Do you want my bones between your teeth?" Die klare Produktion tut ihr übriges. Unglaublich, aber vermutlich wahr: Das Ganze soll live eingespielt worden sein: "Recorded live, no overthinking".
Subtile Synthesizer, treibende Beats und elegante Gitarrenparts jedenfalls flankieren den Gesang Hayden Thorpes auf kongeniale Art. Besonders bemerkenswert aber sind die Stellen, an denen auch Bassist Tom Fleming seine Stimme erhebt, um mit Thorpe eine Art Zwiegespräch zu führen.
"Erotic Downbeat Music" nennen die wilden Biester sehr passend, was sie hier präsentieren. Man könnte es nicht treffender sagen. Es sei also gewarnt vor den somnambulen, ja sirenenhaften Verführungskünsten der Briten. Wie heißt es am Ende von Schnitzlers Novelle: "Und kein Traum ist völlig Traum. "
4 Kommentare
http://www.wild-beasts.co.uk/
http://www.myspace.com/wildbeasts
Entdeckt sie selber. Aus UK. Indie Pop/Rock ('"Iiieh, pfui")... ganz so einfach wollen sie es uns dann auch nicht machen. Z.B. würde ich "The Fun Powder Plot" den Cocteau Twins vermachen, herrlich abgedrehte Nummer. Überhaupt haben wir hier wieder ein Album, das niemandem richtig egal ist. Einige wird der Falsetto-Gesang stören, andere wiederum finden die Effekte und Arrangements "gewöhnungsbedürftig". Für mich aber ein ganz heißes Ding!
interessant!
wird genauer unter die lupe genommen.
Die Jungs bringen eine schwüle Erotik in den Britpop. Haydens Falsett fliegt in ungeahnte Höhen. Eine der Scheiben des Jahres. http://www.jahrgangsgeraeusche.de/2009/09/…
definitiv sehr markant. hooting & howling ist so intelligent und mitreißend - definitiv einer der songs des jahres.
auf dem debut nervte mich noch diese barocke schwülstigkeit, aber auf two dancers ist sie einer ziemlich slicken pop-flamboyanz gewichen, die derzeit ihresgleichen sucht.