laut.de-Kritik

Eingrooven auf das bevorstehende Wu-Tang-Jahr.

Review von

Seit Anbeginn der Wu-Zeitrechnung steht neben dem RZA dessen einstiger Schüler Mathematics hinter den Reglern des Clans. Nach zwei Solo-Alben, die dank reger Beteiligung der Wu-Tang-Familie keine waren, lieferte er mit "Soul Of A Man" den ersten wirklichen (weil instrumentalen) Alleingang. Für "Unreleased", eine Sammlung bei diversen Album-Sessions abgefallener Tracks und Remixen, bedient er sich eines passenden Etiketts: Wir hören den Wu-Tang Clan & Friends.

Fast naturgemäß fehlt einer Compilation, die aus unterschiedlich alten Beiträgen besteht, die inhaltliche Geschlossenheit. Diesen Vorwurf muss sich "Unreleased" gefallen lassen. Für Freunde des Clan-Sounds eignen sich die ins Verborgene gekullerten Perlen dennoch bestens zum Eingrooven auf das bevorstehende Wu-Tang-Jahr.

Schon das Intro lässt in altvertraute Gefilde abgleiten: Elektronische Klänge und locker-flockige Raps ergießen sich über einen düster dahingrummelnden Untergrund. Gleich im Anschluss zelebrieren Ghostface Killah und Raekwon die unerschütterliche Gelassenheit der Veteranen am Mic. Funky Bläser beleben ein ansonsten radikal reduziertes Instrumental.

Mathematics' Faible für Soul bricht sich regelmäßig Bahn. Kratzig, wie von knisternden alten Schellackplatten, tönen Gesang nebst Piano, Orgel und Bläser duch "King Toast Queen" und verleihen der Nummer eine nostalgische, ja fast wehmütige Note. Hart an der Grenze zum Schnulz schrammte "Wise" entlang, hörte ich Ghostface nicht so unendlich gerne zu.

Gesungen wird überhaupt eine ganze Menge, ob im Hintergrund ("U Don't Care") oder ganz unverhohlen wie in "Queens Day '88" oder "Wanna Believe": Gerade Letzteres, interpretiert von Allah Real und Bad Luck, gewinnt durch die schräge Vokal-Performance immens an Zauber, den der simpel gestrickte Rhythmus alleine nicht hätte auffahren können.

"What we gonna do right here is go back, way back, back into time. welcome everybody!" In geremixter Fassung tönt "Wu Banga" dumpf und angeknackst wie hunderte Male abgespieltes Vinyl. Nur Lieblingsplatten erreichen einen derart abgewrackten Zustand: "Wu Banga" zählt zweifellos dazu, ebenso "Da 'W'": Das gekonnte Wechselspiel zwischen den charakteristischen Stimmen seiner Mitglieder gehört seit jeher zu den Stärken des Clans.

Beinahe sakral wirkt es, wenn M-Speed aus den "Street Kronicles" rezitiert. Nicht besonders wuchtige, dennoch hübsch platzierte Bässe verleiten in "Masked Avengers" zu der berechtigten Aufforderung: "Mathematics, please let your speakers bump." Raekwon treibt ohne zu stressen durch "Treez", während Bad Luck, All Day und Allah Real sich in "Where's Brooklyn At?", einer eingangs hochgradig klassischen Nummer, in minutenlange Trällerexkurse versteigen.

Etlichen Tracks fehlt ein prägnanter Schlusspunkt. Zuweilen hätte ein etwas zarterer Übergang zwischen den gebotenen Stimmungen nicht geschadet. Trotzdem: Auch, wenn es sich mit Ghosts plüschigem Vorgänger wütend beißt: Inspektah Deck und Raekwon setzen "Unreleased" mit "Rap Burglars" ein angemessen finsteres Ende.

Trackliste

  1. 1. Intro
  2. 2. Maxine Remix
  3. 3. King Toast Queen
  4. 4. Where's Brooklyn At?
  5. 5. Treez
  6. 6. Eggs, Hash & Grits
  7. 7. Pop Shit
  8. 8. Queens Day '88
  9. 9. U Don't Care
  10. 10. Masked Avengers
  11. 11. Luv Skit
  12. 12. Wanna Believe
  13. 13. Wu Banga (Remix)
  14. 14. Da "W" (Remix)
  15. 15. Violent Skit
  16. 16. Street Kronicles
  17. 17. Non-Equivalent
  18. 18. Outro
  19. 19. Wise (Remix)
  20. 20. Rap Burglars

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