laut.de-Kritik
An alle Jay-Z-DMX-Eminem-Fanatiker: Finger weg! Ihr seid noch nicht so weit.
Review von Stefan JohannesbergWas wurde im Vorfeld nicht alles über das dritte Album des Wu-Tang Clans spekuliert. Wird es eher wie das ungestüme, harte Debut ("Enter the Wu-Tang: Return to the 36 Chambers") oder wie das komplexe, perfekt produzierte "Wu-Tang Forever" klingen? Wie viel Einfluss hatte der Erfolg von Ghostface Killahs Solowerk "Supreme Clientele"? Wer wird dabei sein? Was ist mit Ol' Dirty? Fragen über Fragen, die nur die Scheibe selbst beantworten konnte.
Jetzt ist sie da, und alle sind überrascht. Bekannt dafür, in jeglicher Hinsicht unberechenbar zu sein, legt der Clan mit "The W" ein Album vor, das seinesgleichen sucht. Dieses 60-minütige Machwerk wird die Heads diesseits und jenseits des Atlantiks spalten wie Moses das Meer. Begaben sich in letzter Zeit sämtliche Rap-Beatbastler auf die Suche nach dem fettesten Sound und der saubersten Produktion, so setzt der RZA, Kopf und Produzent der Wu-Familie, dem ein rauhes, lebendiges Stück Hip Hop voller Soul und Gefühl entgegen. Er führt den beim "Ghostdog-Soundtrack" eingeschlagenen Weg konsequent fort. Back to the Roots.
Jede Bassdrum, jede Snare klingt, als ob sie von einem Schlagzeug aus den 70ern stammt und sorgt gerade durch die rauhe Produktion für Härte. Der Rhythmus wechselt urplötzlich. Die eingestreuten Instrumente und Samples scheinen zerbrechlich und entfalten ihre Tiefe, indem sie meist im Hintergrund wirken. Der gute, alte Soul fließt aus jeder Rille. Mal Reggae/Ragga beeinflusst ("One Blood Under W, Jah World"), mal mit völliger Auflösung der Form ("I Can't Go To Sleep") und dann wieder im Zusammenspiel mit rohem Hip Hop ("Chamber Music, Do You Really"). Abwechslung pur.
Die Non-Wu-Artists auf der Platte Redman, Snoop Dogg, Nas und Busta Rhymes fügen sich gut in den Gesamtkomplex ein. Sie werden aber von den Wu-Tangern abgehängt. GZA, Inspektah Deck und Masta Killa, der bald sein Debut droppen wird, sind mit den tiefgründigsten Lyrics am Start und Method Man fließt über die Beats wie Wasser. Ghostface Killah harmoniert mit Chief Raekwon wie zu seligen Cuban Linx-Zeiten - man darf auf Cuban Linx 2000 gespannt sein. Der RZA hält sich diesmal zurück und Ol' Dirty taucht nur im Duett mit Snoop bei "Conditioner" auf. Einzig U-God und Cappadonna fallen etwas ab.
Dieses Album ist wieder ein Meilenstein und wird den Hip Hop auf die nächste Ebene heben. Vielleicht werden viele die Dimension dieses Sounds nicht erkennen. Deswegen an alle Jay-Z-DMX-Eminem-Fanatiker: Finger weg. Ihr seid noch nicht so weit. Für den Rest gilt: Genießen und auf sich wirken lassen.
3 Kommentare
Do you really - geilster track ever
Dieser Kommentar wurde vor 7 Jahren durch den Autor entfernt.
Ein Album, das mehrere Durchläufe erfordert, um es vollständig zu verstehen und vorallem zu fühlen. Ein Album, was meiner Meinung nach eher im Gesamtkontext sehr gut funktioniert, da die Tracks im Zusammenspiel einfach fabelhaft miteinander harmonieren...schwierig in Worte zu fassen, aber eins ist klar: The W überzeugt auf allen Ebenen...so wie Wu-Tang halt leibt und lebt.