laut.de-Biographie
X-Ecutioners
Die X-Ecutioners gehören seit den späten Achtzigern neben den Invisible Skratch Piklz zu den bekanntesten und versiertesten DJ-Crews überhaupt. Früher als battle-orientierte X-Men mit bis zu elf Mitgliedern unterwegs, sind auf dem zweiten Album der New Yorker "Built Form Scratch" im Jahre 2002 jedoch nur noch die vier Plattendreher Roc Raida, Rob Swift, Total Eclipse und Mista Sinista am Start.
Aber auch dieses Line-Up ist bald wieder Geschichte. Letzterer verabschiedet sich nach den Aufnahmen zur neuen Scheibe in Freundschaft, wie der geneigte Fan bei ihren Liveshows in Good Ol' Germany im Frühjahr 2002 verwundert feststellt.
Die X-Men werden 1989 von Roc Raida gegründet. Zur Besetzung zählen damals noch Steve D, Johnny Cash und Sean Cee. Der Crewname ergibt sich aus der sportlichen Auseinandersetzung mit einer anderen New Yorker DJ-Truppe, den Clark Kent's Supermen. Zur Erinnerung: Genau wie Superman sind auch die X-Men Marvel-Comichelden.
Ein Live-Battle zwischen den Superhelden hat es übrigens nie gegeben. Ganz im Gegensatz zu den Gepflogenheiten der X-Men. Wer nicht bei drei auf den Bäumen ist, wird im Turntablism-Sinne exekutiert.
Selbst wenn das Line-Up ständigen Veränderungen unterworfen ist: Auf allen vier Kontinenten machen die X-Men die Jams und Clubs unsicher. Sie kombinieren auf ihren Technics 1210 die Perfektion des Beatjuggeling mit den typischen DJ-Künsten wie Cutten, Mixen und Scratching.
Beatjuggeling heißt: Der DJ wechselt von Hand zwischen individuellen Kick- und Snaresounds, um live neue originelle Drum-Rhytmen zu kreieren. X-Men-Gründungsmitglied Steve Dee erfindet, inspiriert vom "Beatmaking" des Barry Bee (Mitglied der Get Fresh Crew von Doug E. Fresh), diese Methode im Jahre 1990. Sehr gut kann man sie auch im Video der Beastie Boys "Three Emcees And One Deejay" von Mix Master Mike (Invisible Skratch Piklz) beobachten.
Die verbliebenen X-Ecutioners Rob Swift, Roc Raida und Total Ecplise beherrschen diese Kunst zwar mittlerweile selbst im Schlaf, aber auch in der Plattendreherkunst ist noch kein Meister vom Himmel gefallen.
Ur-X-Men Roc Raida aus Harlem wird die Hip Hop-Kultur bereits in die Wiege gelegt: Sein Vater ist Mitglied der Gruppe Mean Machine, die beim Label der Sugar Hill-Gang unter Vertrag steht. So darf er schon im zarten Alter von zehn Jahren hinter die Turntables.
Da verwundert es keinen, dass er einer der wenigen auserwählten Deejays ist, dem der ehrenwerte Titel Grandmaster verliehen wird. Seine legendären Kollegen Kool Herc, Grand Wizard Theodore und DST treten für ihn als Mentoren auf.
Vom ältesten Mitglied zum jüngsten Vollstrecker: Total Eclipse verdient sich seine ersten Meriten mit Battles gegen diverse Crew-Mitglieder der X-Ecutioners. Erst nachdem er im Juli 1996 die ITF World Championship gewinnt, wird der aus Brooklyn stammende Eclipse zum offiziellen Mitglied ernannt.
Der Dritte im Bunde: Rob Swift aus Queens. Ähnlich wie Raida lernt auch Rob das DJ-Handwerk von der Pieke auf. Sein Vater und der ältere Bruder frönen bereits dieser Leidenschaft. Sie schleppen ihn mit auf Partys, wo sein Dad die Massen rockt. Sein Bruder bringt ihm dann das moderne Scratchen und Cutten bei. Der bereits erwähnte Steve Dee lädt ihn 1991 nach den Northeast DMC Finals zu den X-Men ein. Sechs Jahre später ist es sein Deal mit Asphodel Records, der den Stein für das Debutalbum "X-Pressions" ins Rollen bringt.
Zusammen mit den Invisibl Skratch Piklz aus San Fransisco gehört man zur ersten reinen DJ-Crew, die einen Plattenvertrag unterschreibt und ein ganzes Album veröffentlicht. Ab diesem Zeitpunkt ändert man aus namensrechtlichen Gründen den X-Men-Titel in X-Ecutioners.
"X-Pressions" besteht zum größten Teil aus reinen Beats und Turntable-Techniken. Nur wenige Rap-Features sind vorhanden. Das Werk läutet das berühmte "Next Level" für die Gruppe ein. Man entwickelt sich von einer Battle-Truppe hin zu ernsthaften Künstlern, die ihren Teil vom Kuchen einfordern. Rob Swift dazu:
"Das ist etwas, das wir erst lernen mussten: Obwohl wir aus einer Battlekultur stammen, haben wir eingesehen, dass wir nicht mehr wetteifern müssen, wenn wir auftreten. Nur auftreten! Es geht darum, gute Musik zu machen, und nicht darum, den Leuten zu beweisen, dass du bei 100 Meilen die Stunde noch scratchen kannst. Wir wollen mit Geschmack scratchen und verständlich bleiben."
Die Rückkehr des Deejays ins internationale Rap-Rampenlicht beginnt. Kein Emcee der Welt will live mehr auf die Turntable-Magier verzichten. Die DAT-Maschine ist passé, und so treten die X-Ecutioners unter anderem mit AG, Showbiz, Fat Joe, Lord Finesse, Large Professor, den Artifacts, Common, Organized Konfusion, Pharoahe Monch, The Jungle Brothers und den Beatnuts auf.
Auch Scratches und Cuts sind wieder verstärkt auf den Songs zu hören. In Deutschland zum Beispiel sind Namen wie Stylewarz, Tomekk, Thomilla, Mr. Burnz, Mirko Machine und viele andere den Kids wieder ein Begriff.
Die X-Ecutioners bereiten sich derweil auf ihr zweites Album "Built From Scratch" vor, das im Frühjahr 2002 auf Loud Records erscheint. Trotz des wiederhergestellten Ranges des Deejays gehen die Jungs um Roc Raida noch einen Schritt weiter in die kommerzielle Richtung. Man hat schließlich eine Familie zu ernähren.
So finden sich auf "Built From Scratch" renommierte Namen wie M.O.P., Linkin Park, Pharoahe Monch, Xzibit oder Big Pun.
Nach Mista Sinistas Ausstieg wird es nicht viel ruhiger um die Crew. DJ Boogie Blind und DJ Precision verstärken die gelichteten Reihen. Kollaborationen mit Künstlern von Kool G Rap über Linkin Parks Mike Shinoda bis hin zu Mike Patton stehen an. Rob Swift, Total Eclipse un Precision heben 2007 zudem das Nebenprojekt Ill Insanity aus der Taufe.
Am 19. September 2009 erleiden die X-Ecutioners einen herben Verlust: Im Alter von nur 37 Jahren stirbt Roc Raida, der unter anderem als dessen offizieller Tour-DJ Busta Rhymes den Rücken frei gehalten hatte. Der fasst seine Betroffenheit in Worte:
"Wir werden Deinen Namen niemals in Vergessenheit geraten lassen, Roc. Wir lieben Dich, wir werden Dich auf ewig vermissen. Ruhe in Frieden. Wir verlieren all diese großartigen Leute in diesem Jahr. Gott ruft seine Armee."
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