laut.de-Kritik
Die Kalifornier kommen mit Dampfwalze zum Hürdenlauf.
Review von Julia KindelMit ihrem neuen Langspieler wollen Young The Giant vor allem eines: alles richtig machen! Ihr Debüt schaffte es vor drei Jahren aus dem Stand auf Platz fünf der US-Albencharts, Morrissey fand durch sie zum Glauben, die Presse war begeistert, ausverkaufte Hallen das Resultat. Umso mehr lastete auf ihnen nun der Druck, den Erwartungen gerecht zu werden. Die Messelatte lag hoch und die Kalifornier rennen mit Karacho dagegen.
Die Unbefangenheit, die ihrem ersten Album Anschub gab, verschwand. Der Biss, mit dem sie einst alle Kritiker charmant in die Knie zwangen, nur noch eine blasse Urkunde in der Trophäengalerie. Erschien nach den ersten Erfolgen der Weg so hürdenlos, dass sie ihre besten Waffen daheim ließen? Keine Frage - "Mind Over Matter" ist pompös produziert, die Songs exzellent durchdacht und der Name Programm. Young The Giant erneut gigantisch. Doch die Platte knallt so sehr, dass die Energie verpufft. Hymnische Stadionrock-Stücke, wie sie Young The Giant aus dem Ärmel schütteln, können nur sehr wenige Bands glaubhaft und vor allem ähnlich schmissig vorweisen. Etliche Durchgänge muss man "Mind Over Matter" aber schon bieten und sich auf ihre Stärken konzentrieren.
Am Handwerk liegt es nicht. Man merkt dem Fünfergespann die Anstrengung an, wenn krasse Drums gegen harte Gitarren kämpfen und Sameer Gadhia dazu alles gibt. Synthies treffen auf verspielte Basslinien, hier und da eine Orgel, ein Piano, sogar Streicher. Jeder Song kreiert eine gigantische Soundwand und droht dabei am eigenen Pomp zu ersticken. Sie gönnen ihren Songs keinen Meter Platz zum Atmen, sondern treten ordentlich aufs Gaspedal und wollen mitreißen. Track an Track gereiht, verwäscht die Energie zu einem Brei, der nicht im Ohr hängen bleibt.
Eine solche Dampfwalze eignet sich nicht zum Hürdenlauf, aber zum Plattmachen aller Messlatten. "Mind Over Matter" kommt sehr glatt daher und trifft viele Geschmäcker und Stimmungen. Den soliden Zweitling kann man als Anlaufnehmen für ein reiferes drittes Werk werten, bei dem 'alles Richtig machen' nicht mehr im Vordergrund steht.
7 Kommentare
"...wenn krasse Drums gegen harte Gitarren kämpfen..." Hören wir da zwei verschiedene Platten?!
Das Debüt soll gut gewesen sein? Das hab' ich irgendwie ziemlich anders in Erinnerung ...
Das erste Album mochte ich eigentlich, da kann man schon mal reinhören.
Aber zu ehren Morrisseys erstmal 'ne Wurst.
Das erste Album war in der Tat gut mit vielen richtig starken Songs. Das neue finde ich dagegen nicht so prickelnd, habe aber auch erst einen Durchlauf..
Das erste Album höre ich bis heute noch. Überragend zum chillen
Nachdem ich es jetzt einige male gehört habe, gefällt es mir doch ziemlich gut, besser als der Erstling im Moment.
Klar, das Rad wird hier nicht neu erfunden, aber schlecht ist auch ganz was anderes.
Und der Sänger hat durch seine Indische Herkunft eine ziemlich einprägsame Stimme, das ist wenigstens ein Alleinstellungsmerkmal