laut.de-Kritik
Punkrock mit Herz, Eiern und Ohrwürmern.
Review von Stefan MertlikOb Musik die Welt verändern kann, darüber lässt sich streiten. Trump erhält Zuspruch, obwohl sich die Popindustrie (fast) geschlossen gegen ihn stellt. Afrika geht es 36 Jahre nach „We Are The World“ noch keinen Deut besser. Und der Neonazi Sven Krüger sitzt trotz "Jamel rockt den Förster" seit 2019 im Gemeinderat von Gägelow. Die Hoffnung bleibt dementsprechend gering, dass gerade ZSK mit "Ende Der Welt" das Ruder herumreißen werden.
"Wenn die Wälder brenn, löscht ihr mit Benzin", singt Frontmann Joshi im Titelsong. Kurz darauf grölt die ganze Band "Nicht Mit Uns". Ob die Putins und Trumps oder doch x-beliebige AfD-Lokalpolitiker – angesungen wird gegen einen unbestimmten Feind. Damit bewirbt sich das Stück für so ziemlich jede Demonstration, auf der junge Menschen mit ganz viel Idealismus und noch mehr Herz gegen das Böse in die Schlacht ziehen.
Wirklich konkret werden ZSK auf „Alle meine Freunde“. Anders als Van Holzen, die einen Song gleichen Namens veröffentlicht haben, gehen die Berliner etwas grober zur Sache: "Alle meine Freunde hassen die AfD, alle meine Freunde werden mit mir auf der Straße stehen.“ Niemanden irritiert dieses Outing des eigenen Bekanntenkreises. Spannender wirkt da schon der Besuch von den Hochglanz-Punkrappern Swiss & Die Andern auf dem Ohrwurm "Kein Talent".
Am besten funktionieren ZSK allerdings, wenn sie für statt gegen jemanden sind. "Wenn ich Greta aus Schweden so seh, mach ich mir überhaupt keine Sorgen", stellt sich Joshi in "Die Kids Sind Okay" hinter die Generation Fridays For Future. Deutschlands berühmtester Virologe Christian Drosten bekommt mit "Ich Habe Besseres Zu Tun" seine eigene Durchhaltehymne. Und der Opener "Ich Feier Euch" ist die Liebesbekundung an die eigene Gang.
ZSK bemühen sich um eine breite Themenpalette. In "Sag Mir Wie Lange" beschäftigen sie sich mit Rechtsterrorismus, "Stuttgart" fungiert als vertonter Brief an die verstorbene Mutter, und "Rumstehen" kann als Corona-Blues verstanden werden. "No Justice" überrascht hingegen mit dem einzigen englischsprachigen Text des Albums. Daumen hoch für die Inhalte, hängen bleibt allerdings keine einzige Zeile.
Wer mit Regenbogenfarben besprühte Abrissbirnen mag, feiert auch "Ende Der Welt". Dass neben dem üblichen Punkrock-Besteck Posaunen zum Einsatz kommen, unterstreicht die Wucht dieser Platte. Laut und melodiös – die Zielgruppe weiß, was sie bekommt. Dass das alles problemlos ohne Gehirnzellen funktioniert, solange ein Herz schlägt, macht die Musik nicht besser, aber zumindest sympathischer.
3 Kommentare mit einer Antwort
Haufen alter Männer die nochmal Rebellen spielen wollen. Das Musikvideo verdeutlicht das mehr, als alles was ich jetzt hier sagen könnte. Gott, sind die wild und jung. Und meine Fresse, von diesem Ska-Schrott kann man wirklich nicht mehr genug kriegen. Was bitte hat es eigentlich mit Punk zu tun, Sprachrohr des politischen Mainstreams zu sein, oder ein Video zu drehen, das rüberkommt wie eine hippe Reklame für Erfrischungsgetränke aus den 90ern?
tragen keine masken und halten keinen abstand ein. müssen diese que(e)rdenker sein
Genauso egal wie die Donots oder Itchy. Das sind so Bands, bei denen man auf nem Festival vom Bierstand aus mal zuschauen kann, aber dann ist auch wieder gut.
Mit ihrer infantilen, oberflächlichen Art haben sie sicher den ein oder anderen AfD Wähler generiert. Herzlichen Glückwunsch! Dabei haben die musikalisch früher durchaus gerockt.