laut.de-Kritik
Mit dem Titeltrack haben sie eine gottverdammte Hymne erschaffen!
Review von Steffen EggertEines steht völlig außer Frage: ZSK sind derzeit eine der wichtigsten Punkbands des Landes und zudem bemerkenswert erfolgreich. Ihr letztes Album "Ende Der Welt" erzielte bereits hohe Chartpositionen, und ihr Neuling "Hass/Liebe" steht derzeit auf Platz 4. Wichtig sind sie vor allem, weil sie nicht nur Platten aufnehmen und touren, sondern sich darüber hinaus konsequent und nachhaltig für die gute Sache engagieren. So waren sie zum Beispiel Mitinitiatoren des Projekts "Kein Bock auf Nazis", weshalb ihnen allein schon deshalb Dank und Respekt gebührt.
"Hass/Liebe" ist das Album zum 25-jährigen Bestehen der in Göttingen gegründeten Band, insgesamt ihr siebtes. Ihren musikalischen Kurs behalten ZSK stur bei, große Überraschungen sucht man hier (zum Glück!) völlig vergebens. Einzig das Tempo hat man etwas zurückgeschraubt, aber nun, man ist eben auch nicht ein Leben lang 20, dafür sollte man natürlich Verständnis aufbringen. ZSK kredenzen wie gewohnt höchst melodiösen, sauber komponierten, stets frisch wirkenden Punkrock, der überdies noch wahrlich fett produziert ist. Derart lebendig, gut gelaunt oder auch mal wütend/angepisst geht es zur Sache, dass man lange suchen müsste, um hier etwas zu kritisieren.
Songs wie das herrlich zynische "Darwin" ("Die Welt geht vor die Hunde und sie pissen auf unser Grab"), das sich mit dem Niedergang der Welt und der Gesellschaft auseinandersetzt, oder das schlichtweg grandiose Antikriegsstück "Himmel" könnten kaum authentischer angelegt sein. Angenehm finster und emotional geht es bei "Stärker als die Angst" zu, außerdem geht hier in Sachen Geschwindigkeit endlich mal der (Skate-)Punk ab!
Mit dem Titeltrack haben sie eine gottverdammte Hymne erschaffen, da wurde alles, aber auch alles richtig gemacht. Vermutlich geht es um die Nutzung der sozialen Medien, da passen Hass bzw. Liebe auch gut dazu. Es überwiegt der Hass, der Song wirkt mehr wie eine garstige Abrechnung mit Insta und Co. Dass ZSK ein neues Album machen, habe ich übrigens via Facebook-Werbespot erfahren. Das verbuchen wir jetzt einfach mal unter Ironie!
ZSK kennt man vor allem als Band, die sich mit politischen Themen und der Gesamtsituation des Landes auseinandersetzt und Missstände vehement und deutlich anprangert. Bestes bzw. neuestes Beispiel stellt das musikalisch wieder knackig auf den Punkt gekochte "Beratungsresistent" dar, das sich inhaltlich mit den von Gehirnbesitzern zurecht verachteten Querdenkern (hier wird bewusst nicht gegendert, das mögen die ja nicht) auseinandersetzt. Verachtung und Hass regnen hier auf dieses trottelige Kollektiv nieder, natürlich trifft alles absolut zu, aber hier kommt auch der größte Schwachpunkt des Albums zum Tragen: es wurde alles bereits schon sehr oft, genau in diesem Wortlaut gesagt. Dem wirklichen großartigen Song an sich wird der Text gewissermaßen nicht endgültig gerecht, und man bekommt das Gefühl, dass man sich hier zum ersten Mal an Plattitüden bedient. Wie gesagt, ist nichts verkehrt daran, tut niemandem weh und ist im Vergleich zu anderen Songs auf "Hass/Liebe" noch Jammern auf hohem Niveau.
Vor allem das furchtbar alberne "Scheißtyp", bei dem Romana Aufinger von der spannenden, jungen Formation Attic Stories aus Karlsruhe ihre (sehr guten) Gesangskünste beisteuert, wäre besser eine Single B-Seite geblieben. Klaro, man darf sich über Profilneurotiker aus dem Internet echauffieren, aber hier hat es den Drive eines 13-jährigen Teenagers, der zornig ist, weil jemand ihm/ihr einen Pimmel auf den Turnbeutel gemalt hat. Musikalisch aber wie immer richtig cool, ein bisschen in Richtung US-College Rock, live garantiert gut tanzbar.
Fast genau so schlimm kommt das den Rezensenten schon beinahe fassungslos zurücklassende "Hipster" um die Ecke. Eine offen tolerante Band sucht sich ein paar kauzige Trendsetter*Innen heraus und macht sich recht plump über sie und ihr Aussehen lustig? Nun, bei der Idee eines Aussteigerprogramms für Hipster musste der ein oder andere sicher schmunzeln, aber mehr kommt da halt nicht.
"Ich Liebe Dieses Leben", "Neuanfang" und "Glück" sind schlicht und ergreifend sehr gute, deutsche Punknummern, die sich ganz hervorragend in der Setlist von ZSK machen werden. Typische Trademarks, keine wirklich tiefgründigen Texte, aber zumindest nichts zu skippen. Gute Laune bringen sie, Spaß verbreiten sie, das ist ja auch mit Sinn und Zweck des Ganzen. Und sie sind musikalisch, man muss es wiederholen, auch wirklich, wirklich gut gemacht.
Zum Schluss gibt es eine wirklich rührende Ballade, die Sänger Joshi für sein Kind geschrieben hat. "Und Ich Höre Dich Atmen" ist trotz Akustikgitarre mächtig und drückt genau die richtigen Knöpfe. Nun, das Album heißt "Hass/Liebe". Viel treffender hätte man es kaum betiteln können. Ausschließlich tolle Songs, nur mit den Inhalten hätte man wirklich noch ein wenig mehr Zeit verbringen dürfen.
2 Kommentare
Kann mich der Rezension im großen und ganzen anschließen. Paar Reime waren wirklich sehr mau, um es nett auszudrücken. Wer mehr wissen will: https://youtu.be/Y7VlDxM9Yk8
Pop-Punk der simpelsten Art gepaart mit Kindertexten und alles zusammen als Sprachrohr des politischen Mainstreams.
Nicht gut!