Der haitianische Musiker Wyclef Jean gerät immer mehr in die Defensive. Die Indizien, seine Hilfsorganisation Yéle habe Spendengelder veruntreut, häufen sich.

Konstanz (dsc) - Der haitianische Musiker Wyclef Jean, der seit der ersten Stunde durch besonderes Engagement für die Erdbebenopfer hervorstach, gerät in die Defensive. Seine Hilfsorganisation Yéle muss sich vermehrt gegen Anschuldigungen hinsichtlich der Veruntreuung von Spendengeldern wehren.

410.000 Dollar für einen Auftritt?

Als gefährlicher Gegner entpuppt sich dabei die auf investigativen Journalismus spezialisierte Webseite thesmokinggun.com (TSG). Die Webseite, die regelmäßig Dokumente über Gerichtsverhandlungen, polizeiliche Ermittlungen usw. veröffentlicht, bringt eine ganze Reihe von Indizien oder sogar Beweisen gegen Wyclef vor.

Die schwerwiegendsten Vorwürfe: Insgesamt 410.000 Dollar an Spendengeldern sollen direkt an Wyclef und seine Geschäftspartner für "Miete, Produktionsdienstleistungen und einen Auftritt an einem Benefiz-Konzert" gegangen sein. Eine Steuerprüfung habe zudem eine unsaubere Buchführung aufgedeckt, bei der trotz langem Bestehen der Organisation die ersten Steuerrückzahlungen im August 2009 verzeichnet seien.

Yéles Geschichte

Wie man der Webseite yele.org entnehmen kann, gründete der in Haiti geborene Musiker Yéle im Jahr 2005 als regierungsunabhängige Organisation (NGO). Erklärtes Ziel sei es, dem Land mit Bildungs-, Sport-, Kunst- und Umweltprogrammen zu helfen und weltweit das Bewusstsein für Haiti zu stärken. Medienberichten zufolge ist Yéle aus einer bereits 1998 unter dem Namen The Wyclef Jean Foundation gegründeten Organisation hervorgegangen.

Wyclef reagiert

Am 16. Januar veröffentlichte Wyclef auf seinem YouTube-Kanal eine Stellungnahme zu den Anschuldigungen. Der Sänger sei "angewidert" von den Vorwürfen gegen ihn und Yéle. "Ich würde nie Geld in meine eigenen Taschen stecken", versicherte er, "Ich selbst habe meiner eigenen Stiftung eine Million Dollar gespendet!" Ähnliche Aussagen machte er auch gegenüber Oprah Winfrey in deren Talkshow vier Tage später.

Bei einer offiziellen Pressekonferenz am 20. Januar machte der Musiker erneut seine Verbundenheit mit der haitianischen Bevölkerung deutlich. Er zeigte den Journalisten seine Green Card sowie seinen haitianischen Pass und bezeichnete sich selbst als "Beispiel für den amerikanischen Traum". Erst nach neun Minuten sprach der Musiker die Vorwürfe an. Erneut stritt er ab, dieses Mal unter Tränen, einen persönlichen Nutzen aus Yéle zu ziehen und verwies alle Fragen zum Thema an den Präsidenten der Organisation.

Eine Erklärung, die keine ist

Wie TSG berichtet, habe sich der als Präsident benannte Hugh Locke nach Wyclefs Rede tatsächlich zu den Anschuldigungen geäußert. Er räumte Fehler bei der Archivierung der Steuer-Unterlagen ein und versprach eine ordnungsgemäßere Handhabung in der Zukunft. Echte Erklärungen liefert aber auch er nicht, wie TSG ausführlich darlegt.

Großes Star-Aufgebot für Haiti

Ungeachtet der Vorwürfe wird Wyclef die in Zusammenarbeit von George Clooney und MTV ins Leben gerufenen Spendengala "Hope For Haiti" mitmoderieren. Yéle ist eine der Organisationen, denen das gesammelte Geld zugute kommen soll.

In den letzten Tagen hat sich das Line-Up, das vollständig auf der Webseite des Senders zu finden ist, noch beträchtlich erweitert. Mit dabei sind Beyoncé, Madonna, Shakira, Rihanna, John Legend, Coldplay, The Edge und viele mehr. MTV wird die Show nun doch im deutschen Fernsehen zeigen, live in der Nacht von Freitag auf Samstag von 2:00 bis 4:00 Uhr.

"Hope For Haiti" wird zeitgleich aus New York, Los Angeles und London gesendet. Im Big Apple begleitet Wyclef die Show, in LA übernimmt George Clooney die Ansagen und in London moderiert "Twilight"-Star Robert Pattinson. Der vierte im Bunde ist CNN-Reporter Anderson Cooper, der live aus Haiti zugeschaltet wird.

Stellungnahme vom 16. Januar

Pressekonferenz vom 20. Januar

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20 Kommentare

  • Vor 15 Jahren

    So arm kann doch keiner sein, dass er ner eigens gegründeten Hilfsorganisation das Geld wieder abknöpft.

    Das wäre echt ekelhaft. Bleibt nur zu hoffen, die Anschuldigungen wurden zu Unrecht ausgesprochen.

  • Vor 15 Jahren

    Die ganzen Stars die jetzt wieder an vorderster Front zu Spenden aufrufen und auf Benefizgalen rumwedeln helfen doch alle in erster Linie sich selbst (sprich, ihrem Image).
    Tue Gutes und sprich darüber, oder?
    Aber ansonsten das eigene Geld lieber in Villen, Klamotten und Autos investieren...

  • Vor 15 Jahren

    Immer wieder erstaunlich wie es Menschen schaffen auch noch niedrigste Erwartungen spielend zu unterbieten.
    Es geht nur um's sich in Szene setzen. Wer wirklich pur helfen will, der hat's nicht nötig sich dafür im Rampenlicht zu platzieren. Es ist erbärmlich, dass Leute sich Katastrophen aussuchen um von dem öffentlichen Interesse daran zu profitieren.
    Naja, echte Profis richten ihre komplette Karriere ja danach aus und werden sogar für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen. Hope for Hirn.

  • Vor 15 Jahren

    @Shlumpf! (« Nö
    Aber ich bin mir sicher, du würdest, vorausgesetzt du hättest das Geld, sofort dein ganzes Monatsgehalt spenden.

    Erinnert mich daran, als Michael Schumacher vor Jahren 7,5 Millionen für die Tsunami-Opfer spendetet. Da schrien dann auch einige das sei zu wenig, dabei waren das fast 20% des Jahresgehalts.

    Ist jetzt jemand, der viel geld hat, verpflichtet so lange zu spenden, bis er auf dem Pegel der anderen angekommen ist? »):

    ich gehe davon aus oder ich hoffe dass ich so menschlich wäre wenn ich das geld hätte ;)

    die 7,5 mil. € vom schumacher finde ich total super und wer da noch meint das wäre zu wenig der hat einfach den bezug zur realität verloren

  • Vor 15 Jahren

    @Nebolous (« @macabre (« @Nebolous («
    hast du soviel kohle dass es dich nicht juckt wenn du mal den verdienst eines arbeitstages ohne weiteres so spenden kannst? »):

    ja. und ich möchte behaupten, so ziemlich jeder normal arbeitende mensch könnte das. »):

    tut mir echt leid aber ich kann nicht auf ein komplettes monatsgehalt verzichten... »):

    es geht um tagesgehalt.