laut.de-Kritik
Seufzende Notebooks beim Heavy Petting.
Review von Matthias Manthe"'65 Tage' meint keine bestimmte Zeitspanne. Nicht die Länge ist entscheidend. Es geht um das Ereignis an sich." 65 Tage absoluten Stillstands. Regungslosigkeit. Existenz irgendwo zwischen Sein und Nichtsein. Schier unermessliche Intensität. Ein Quartett aus dem mittelenglischen Sheffield hat sich zur Aufgabe gemacht, die explosive Spannung dieses Ereignisses zu vertonen.
Keine zwölf Monate sind vergangen, seit "The Fall Of Math" unser Zeitgefühl pointiert wie wenige Platten zuvor in Frage stellte. Material für eine ganze Hand voll Alben war das, was 65dos in eine Dreiviertelstunde flammender Instrumentalromantik verpackten. Zeit schien selten so relativ. Der Nachfolger intensiviert das Moment der Dichte und hebt die Idee, Postrock in Popsongformat zu gießen, auf den nächsten Level.
"Drove Through Ghosts To Get Here" stottert mit einem Schwall atmosphärischer Drum'n'Bass-Dämonen ins Kopfhörerkino, dem flirrende, heulende und flächige Elektronik fast organisches Leben einhaucht. "Mean Low Water" ist ein Paradebeispiel solcher Sequenzerkunst: Gitarrenspuren werden bis zum Erdrücken gestapelt, tollwütige Polyrhythmen bis zur Raserei potenziert und Pianos aufeinander gehetzt, bis der Lautstärkeregler anschlägt und das Stück mit irrer BPM-Zahl vollends ins Kakophonie-Chaos stürzt.
Dem unglaublichen Ideenreichtum zum Trotz schaufeln die Briten den Zugang zur Nachvollziehbarkeit immer wieder frei. Der hymnische Cyberpunk von "Await Rescue" beobachtet zwei seufzende Notebooks beim Heavy Petting, funktioniert jedoch vorrangig als grandioser, in sich geschlossener Track. So geradeaus wie im Mogwai-Aereogramme-Bastard "23kid" landete der Vierer bisher nie auf Plastik. Und "The Big Afraid" vertont das Gefühl beklemmender Angst, wie es sonst nur der spanische Experimentierclub Migala vermag.
Aber erst das weltumarmende "Radio Protector" verleiht dem 37-minütigen Parcoursritt endgültig das Gütesiegel A+: Ein wirklich herzzerreißendes Klavier lädt epische E-Gitarren, passgenaues Schlagzeug und Glockenspiel zum Emotionscrescendo. Monumentale Schönheit steigt per Anhalter zu, bis diese Perfektion von einem berührenden Song die Abfahrt Richtung weißes Rauschen nimmt und schließlich friedvoll ausklingt.
"These are songs with no words, but they are screaming", weiß das Booklet. Der Satz gehört mindestens doppelt unterstrichen. "One Time For All Time" manifestiert das Schaffen einer Band, die das bewährte Postrock-Nest seit Anbeginn mit eigener Vision ausfüllt und ihre Unverzichtbarkeit für packende, zugängliche und anspruchsvolle Musik ein für allemal unter Beweis stellt.
20 Kommentare
Nachdem ihr, der faule laut.pöbel, das letzte Meisterwerk der Emotronic-Fratzen schon so gekonnt ignoriert habt, hier ein zweiter Versuch.
Diesen Monat erscheint mit "One Time For All Time" der Nachfolger des vielleicht besten Instrumentalalbums ever. Die Seite ist brandneu, da gibt's einen süßen kleinen Flashplayer mit vieeelen Songs zum Durchklicken.
www.65daysofstatic.com
Ansonsten unbedingt da >> http://www.myspace.com/11488230
richtig, da wollte ich eh noch reinhören
Du wolltest auch schreiben, schreiben, schreiben. Und trotzdem lungerst du hier rum. Raus hier!
Na mal sehen.
Sooooooooooooooooooooooo geil!
meine persönlich beste neuentdeckung im jahre 07=) *freu*
so verdammt fett;)
einfach hammer!!!
ein muss für jeden, der musik nicht nur hört, sondern auch fühlt=)
aber: the fall of math is nochmal um ecken geiler!!!