laut.de-Kritik

Mr. Wondervillainy.

Review von

Es gibt kaum einen Rapper, der so verlässlich wie gleichförmig seinen sehr spezifische Nische bedient wie Action Bronson. Bars über Sex und Essen, BoomBap-Beats, Vibes. Seit seinem Durchbruch am Anfang der 2010er hat er quasi unberührt von der Szene seinen Status als zeitloser Vibe-Rapper mit der Ghostface-Stimme zementiert. Trotzdem hätte man den letzten Tapes mit Recht unterstellen können, dass die wieder und wieder wiederholte Formel graduell weniger begeistert. Was kann man da tun? Eine komplette Neuerfindung? Zum Glück nicht. "Cocodrillo Turbo" hält alles in Takt, was Action Bronson ist, aber kocht es auf eine kurzweilige und actionreiche Platte runter.

Mit einem Produzentengespann von Daringer, dem Alchemist und ihm selbst bekommen wir dieses mal dazu noch eine etwas konzepthafter anmutende Soundpalette, irgendwo zwischen Indiana Jones, einem Sonntagmorgen-Cartoon und einem mexikanischen Wrestler. Das Tape klingt, als wäre man über den morgendlichen Corn Flakes eingeschlafen und vom Fernseher gefressen worden. Vielleicht wäre es etwas viel behauptet, wir hätten es hier mit Bronsons "Madvillainy" zu tun, denn gegen den ewig unvorhersehbaren DOOM rappt Mr. Wonderful doch sehr schematisch und vorhersehbar. Aber das Wirrwarr aus unterhaltsamen Verses und chaotischen Interludes statt Hooks legt den Vergleich doch auch nicht ganz fern. Zumindest dann, wenn die farbenfrohen Beats von schrägen Interludes auseinandergehackt werden.

Allein die Sample-Auswahl auf den eröffnenden Songs "Hound Dog", "Tongpo" und "Estaciones" spricht für sich: Die ästhetische Vision gibt diesem Tape das Gefühl, es mit einer etwas durchdachteren Vision zu tun zu haben, als Projekte wie "Lamb Over Rice", "Blue Chips 7000" oder "Only For Dolphins", die meistens einfach nur ein Update der neuen Songs waren. Den Pop-Appeal spätestens seit den Alchemist-Kollabos eigentlich gänzlich über Bord geworfen, merkt man auch, dass Bronsons Songwriting davon profitiert, die Verses in den Mittelpunkt zu stellen.

Überhaupt: Auf "Tongpo" tut er sich mit Conway The Machine zusammen. Das passt wie die Faust aufs Auge. Vor allem, wenn Conway durchaus auch mal eine humorvolle Seite zeigen darf, die auf seinen letzten ernsten Tapes eher mittelgut gepasst hätte. Im Tandem mit dem ebenfalls mehrmals in Erscheinung tretenden Produzenten Daringer kommt hier eine ganz sinnvolle Sound-Allianz zustande, die zeigt, was moderner BoomBap leisten kann. Auch die funkige Bassline auf dem Roc Marciano-Kollabo "Zambezi" und die Samples von 70er-Psych-Rock-Gitarren und einem heulenden Saxophon auf dem Closer "Storm Of The Century" komplettieren den Eindruck.

Und da kommt das alles zusammen: Bronson ist ein Popkultur-Rapper mit ernstem Skill und albernem Ensemble, der auf "Cocodrillo Turbo" sein Moodboard in unterhaltsamster Fasson zusammenstellt. Ob es gefällt oder nicht ist demnach komplett darauf reduziert, ob man sehr viel Lust auf Bronsons One-Liner hat, oder nicht. Man kann das aber gut und gerne beglaubigen: Blödsinn wie "I'm not a pervert, I'm just half Italian", "I'm snorting coke with Michael Irving" oder "it's been six years, I'm trying to get in contact with Pitbull"; ist das Pulitzer-verdächtig? Nein. Will es auch gar nicht sein. "Cocodrillo Turbo" sind Lines über Sex, Autos und Essen, eine geil zusammengestellte Sample-Parade und unterhaltsame BoomBap-Parts auf der Höhe der Zeit des Subgenres. Reduziert auf sehr verträgliche dreißig Minuten lässt sich schwer vorstellen, dass man mit diesem Tape keinen Spaß haben würde. Es ist definitiv eins von Bronsons besten.

Trackliste

  1. 1. Hound Dog
  2. 2. Tongpo (feat. Conway The Machine)
  3. 3. Estaciones (feat. Hologram)
  4. 4. Jaws
  5. 5. Subzero
  6. 6. Turkish (feat. Meyhem Lauren)
  7. 7. Jaguar
  8. 8. Zambezi (feat. Roc Marciano)
  9. 9. Ninety One
  10. 10. Storm Of The Century (feat. Yung Mehico)

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