Alte Bekannte - " Stabil"

"Didididi. Ba-dum, ba-dum. Ba-ba-ba. Ah-oh-ah." Die Alten Bekannten machen weiter wie bisher. Auch das vierte Album "Stabil" bietet wieder den gewohnt spitzfindigen Humor, unterhaltsame Stimmakrobatik und wohlige Satzharmonien. Doch selbst nach ihrem mittlerweile sechsjährigen Jubiläum treten die Alten Bekannten nicht aus dem Schatten der Wise Guys hervor. Egal, wie lange es her ist, die Geister der Vergangenheit lassen sich nicht abschütteln.

Die Alten Bekannten geben sich allerdings auch nicht gerade viel Mühe, um das zu ändern. Häufig greifen sie auf das Repertoire ihrer Vorgängerband zurück. Den Wise Guys-Hit "Deutsche Bahn" ziehen sie mit zusätzlichen Strophen in dreifache Länge. Am Arrangement hat sich hingegen wenig geändert. Die bissige Nummer "Nimm Es Nicht Persönlich (Du Bist Ein...)" erinnert stark an "Wo Der Pfeffer Wächst". (Schon im Debütalbum "Wir Sind Da!" war der Track "Du Musst Den Sommer Einfach Zwingen" eine einfallslose Abziehkopie von "Jetzt Ist Sommer".) Auch die Themenwahl auf "Stabil" -Schule, Besserwisser, die deutsche Sprache, Alltagskomik- wirkt wie ein Relikt aus glorreichen Tagen.

Selbstironie serviert das Quintett mit "Echte Männer Hassen A Capella" und "Die Armen Alten Weißen Männer". Ersterer weist ein täuschend echtes "E-Gitarrensolo" auf. Der Galgenhumor in "Ich Hab'n Lauf" und "VVV" soll lustig sein, wirkt aber verkrampft. Wenn sich jemand selbstentwertend als Vollidiot bezeichnet, fällt es einfach schwer zu lachen.

Der Es-Wird-Wieder-Gut-Song "Bleib Stabil" dürfte bei Hoffnungslosen eher ein resigniertes Seufzen als Hoffnung auslösen. Fremdscham ruft auch das schlichte "Ja Ja, Stress" hervor: "Ja ja, so ist es mit dem Stress. Ja ja, auf Englisch heißt das 'yes, yes'". Aha.

Im zynischen "Ja Natürlich!" kritisiert Dän, auch bekannt als Daniel Dickopf, die Wohlstandsbürger. Diese täten nicht genug gegen den Klimawandel. Stattdessen würden sie die Lösung von der Politik fordern. Wirklich lustig ist die Zeile: "Wird mein Klon mich einmal fragen, warum hast du nicht mehr getan?" Die Nummer endet mit einem gefühlvollen Part zum Mitklatschen. Jahrmarkt-Stimmung kommt mit dem vergnügten "Wenn Das Die Lösung Ist" auf. "Wenn das die Lösung ist, dann will ich mein Problem zurück", singen die Alten Bekannten und imitieren zwischendurch Trompetenklänge. Ein gejodeltes "Hollari" ertönt hier und da.

Das Album schließt mit zwei musikalischen Kollaborationen. Das religionskritische "Nicht In Meinem Namen" von Bodo Wartke erhält mit der choralhaften Begleitung der Alten Bekannten einen besonders sakralen Anstrich. Die Live-Version von "Solang' Ich Noch Was Fühle", ein Track aus dem Vorgängeralbum "Bunte Socken", entstand in Zusammenarbeit mit dem Psycho-Chor der Uni Jena. Von zarten "Uuuhs" und "Aahs" begleitet, singt Ingo Wolfgarten: "Bevor mich das Gefühl 'Weltuntergang' beschleicht, mach’ ich mit dem Gejammer endlich Schluss. Denn irgendwann ist es genug. Dann steh ich endlich auf! Demnächst hab ich nen Lauf. Demnächst bin ich am Zug!"

Eines muss man den Alten Bekannten lassen: Singen können sie. Wer sich bisher noch nicht mit A Capella befasst hat, für den sind sie kein schlechter Einstieg. An ihrem Songwriting müssen sie jedoch dringend feilen und wirklich mal etwas Neues ausprobieren. Denn so faszinierend ihre stimmlichen Fähigkeiten auch sein mögen, nach drei bis vier Nummern derselben Masche kehrt unweigerlich ein Gefühl der Langeweile ein. Während sie im September auf Tour gehen, ziehen Dän und Björns ehemalige Kollegen Eddi und Sari gemeinsam durch die Lande. Ob sich die Wege dieser alten Bekannten je wieder kreuzen werden, bleibt jedoch offen.