laut.de-Kritik
Keine Hits, nur die ewig poststudentische Leier.
Review von Maximilian SchäfferAndreas Dorau hat sich mit der Hamburger Universalfigur Gereon Klug und dem Theaterregisseur Patrick Wengenroth zusammengetan, um ein Musical zu komponieren. Es geht um einen Plattenhändler (also um Klug selbst, denn der betreibt "Hanseplatte"), der gegen die Gentrifizierung kämpft und einen Faustschen Deal mit dem Bösen eingeht, um sich über Wasser zu halten. So zumindest die bisherige Information, das Stück debütiert nach Plattenveröffentlichung, deswegen muss diese Rezension ohne sehenden Sinn auskommen und die Oper vom Hörplatz aus und ohne Zwischentext beurteilen.
Bereits beim ersten Song wird klar, dass man es mit dem Dorau-typischen Gedudel zu tun hat, das in der Vergangenheit gerne romantisch vom Flaschenpfand oder sonstigen Alltagstopoi fernab der ewigen Liebelei trällerte. Letztes Jahr ließ der ewige Querulant aus der Hansestadt im Zuge des Pop-Kultur-Festivals zu Berlin für ein spezielles Konzert gleich alle herkömmlichen Strukturen des modernen Schlagersongs weg und konzentrierte sich stattdessen auf eine Darbietung von 20 Refrains in 40 Minuten. Ein fast vollumfassender Flop – aber jemandem, der Thees Uhlmann nach eigener Angabe einst persönlich als "Sau" beschimpfte, verzeiht man viel.
Das erste Lied auf "Koenig der Moewen" titelt also neckisch-wortspielerisch "Feelingsgefühle" und bietet das übliche Shoobidoo-Whap-Whap mit gefühlt hundertfach wiederholtem Refrain. Nichts Neues, das kennt man so vor allem vom Label Staatsakt aus Berlin; hier veröffentlicht man hingegen auf Tapete Records von der Elbe.
"Drogenzug" erinnert an alte Dorau-Bretter aus den 80ern, vermischt mit der nervösen Monotonie der 70er-Post-Punk-Pioniere Suicide. Wieder ein eingängiger Refrain, diesmal aber deutlich cooler: "Ich nehm den Dro-Dro-Drogenzug-zug-zug!"
Es folgen vor allem einer Theaterdramaturgie dienliche Upper und Downer, die stark in Instrumentalisierung und Stimmung wechseln, aber jeweils nicht mehr Kompositionszeit als die jeweilige Laufzeit benötigt haben dürften. Das Booklet verrät etwas Hintergrundinformation und Details aus dem Bühnenwerk: "Wir finden hier viele der Songs, die eine junge Band unter diversen Namen spielt und wöchentlich in einem Plattenladen aufführt. Diese Formation ist in unserer ganzen Geschichte auf der Suche nach ihrer musikalischen Identität und wechselt munter Stil wie Gestus."
So erklären sich Leute im Jahr 2018 selbst, die für den Kulturbetrieb mal wieder ein paar Wochen subventionierte Zeit zu wenig hatten, um etwas Vernünftiges zu bewerkstelligen. Schade und aber auch dementsprechend lahm, genau wie der ironische Song zum 1. Mai: "Barri hier und Lauti da /
1. Mai ganz wunderbar / Stadtsparkasse: ungerecht / Budnikowsky: böse, schlecht / Plötzlich Bullen überall / Kollektiver Wutanfall / Wasserwerfer, Knüppel frei / So ist hier der 1. Mai."
Und so geht es weiter, auf insgesamt 13 Songs fällt der Band akustisch viel ein, wie zum Beispiel ein bassig-verzerrter Elektrotrack namens "Existieren und krepieren", oder ein angejazztes Fusions-Ding, das sich "Willkommen im Hamburger Keller" nennt. Am besten sind Dorau und Komplizen aber dann, wenn sie geradlinig und witzig sind, wie auf "Wir haben alte Leute gern", das mit so tollen Zeilen wie "Wir mögen euren alten Stil, der hat Klasse, der kann viel" deutlich punktet.
Ansonsten hat die Band viele fixe Ideen, aber nichts zu sagen, was sich dem Hörer ohne das Theaterstück erschließen würde. Keine Hits (bis auf den "Drogenzug", vielleicht) und keine Erkenntnisse, nur die ewig poststudentische Leier. Bleibt zu hoffen, dass Regisseur Wengenroth nicht wieder eine derartige Katastrophe wie das Fußballmusical "Der Spielmacher" von 2016 mit Christiane Rösinger, Andreas Spechtl und Jens Friebe fabriziert. Der Verdacht liegt nahe, die Klientel ist ähnlich.
2 Kommentare mit 2 Antworten
ganz schlechter Verriss.. Meiner Meinung nach sind es die deutschen RHCP!! Hört euch mal das Bassplay an
Und ich dachte immer, "Verriss" impliziert schon, dass etwas schlecht ist. Ich Dummerchen.
ja trotzdem kann ein Verriss schlecht geschrieben sein?
Hm da wundert ein doch schon wie so SChlagerbarden und Plastikrapper unendlich viel Kommentare bekommen und ein Ausnahmekünstler wie ANdreas Dorau wird komplett übersehen. Da wundert es einen auch nicht mehr, warum Dagi und Tina auf Laut.de so gefeatured werden... Wenn die meisten hier diesen Müll noch feiert oder mindestens klickt.
Traurig.