laut.de-Kritik

Raffinierter & verführerischer Jazz aus Deutschland.

Review von

Mit der Monk-Komposition "Hackensack" steigt das Anke Helfrich Trio stürmisch in seine dritte CD ein. Der Jazzklassiker und audiophile Leckerbissen macht neugierig auf die verbleibenden 50 Minuten Spielzeit und lässt in beboptypischer Drop In-Manier vor allem mit rhythmischen Raffinessen aufhorchen.

Raffiniert geht das AH-Trio auch in klanglichen Fragen zu Werke, denn der selten zu hörende Sound eines Harmoniums eröffnet Kurt Weills "September Song". Dessen raumgebendes Arrangement gewährt den Protagonisten genug Entfaltungsmöglichkeiten, ihre solistischen Fähigkeiten gefühlvoll darzustellen.

"Stormproof", der Titelsong und eine von Helfrichs Kompositionen, offenbart die Vielfalt der Weinheimer Pianistin. Ob am Flügel oder Rhodes, ihr gewieftes Spiel mit dem Timing und ihre stilistische Bandbreite rauben bei genauem Zuhören den Atem.

In der spürbar sehnlichen Verzehrung nach etwas Fernem etwa, die das mit Cello inszenierte "Sehnsucht" zum Ausdruck bringt. Oder in "In Good Times As in Bad", in dem Gastposaunist Nils Wogram das brennende Playback nutzt, um solistisch zu tanzen wie Wassertropfen auf einer heißen Herdplatte. Nach dieser vulkanischen Hitze folgt die Abkühlung: "After The Rain", ein Klangbild. "Meistens entsteht eine Komposition aus einer bestimmen Stimmung ... ", beschreibt Helfrich den kreativen Moment, von der Muße geküsst zu werden.

Mit einem hervorragend eingesetzten Wah Wah-Pedal, das dem unverkennbarem Fender-Sound den letzten Schliff verpasst, und der funky Backline stellt das Helfrich-Team bei "Swiss Movement ", einer Hommage an die Funk-Eminenz Les McCann, den Groove ins Zentrum des Geschehens. "Circles" lässt sich von romantischen Gefühlen leiten, während "Speak Low" (ebenfalls aus der Feder Kurt Weills) sich auf einem ostinaten Klaviermotiv entwickelt, das als steter Bezugspunkt solistische Expeditionen geradezu herausfordert.

Zum Abschluss schlägt "Little Giant", ein Nachruf an Johnny Griffin, ruhige Töne an. "Er war so witzig und warmherzig, voller Esprit und voller Geschichten", beschreibt Helfrich den 2008 verstorbenen Saxofonisten und Sideman Monks.

Fazit: Die Besetzung Bass/Cello (Henning Sieverts), Drums (Dejan Terzic) und Tasten (Anke Helfrich) erweist sich als klangliches Amalgam, das zeitgemäßen, vielseitigen und ausdrucksstarken Jazz gebiert. Der Gastsolist Nils Wogram betritt in dieser Inszenierung fünfmal die Solobühne und rundet das Musikerlebnis empfindsam ab.

Trackliste

  1. 1. Hackensack
  2. 2. September Song
  3. 3. Stormproof
  4. 4. Sehnsucht
  5. 5. In Good Times As In Bad
  6. 6. After The Rain
  7. 7. Circles
  8. 8. Swiss Movement
  9. 9. Speak Low
  10. 10. Little Giant

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