laut.de-Kritik
Stilistische Neuorientierung mit bärenstarkem Sänger.
Review von Manuel BergerObwohl Interimssänger Denis Stoff mit "The Black" kein schlechtes Arbeitszeugnis vorgelegt hat, dürften die wenigstens Fans etwas dagegen gehabt haben, dass Danny Worsnop sich nur knapp zwei Jahre nach seinem unschönen Abschied zurückmeldete. Obwohl Asking Alexandria ihn zunächst nur probeweise für eine Tour verpflichteten, verfielen sie offenbar schnell wieder in alte Kreativitätsmuster.
Halt: Hat hier jemand "alt" gesagt? Zwar verging zwischen dem Comeback Worsnops und dem Release des fünften Studioalbums nur gut ein Jahr. Bis auf die Kernbesetzung ist auf "Asking Alexandria" aber kaum noch etwas wie früher.
Wer von dem Gespann unbedingt Metalcore hören will, kann sich das Geld fürs Album getrost sparen. Die Bande zur Vergangenheit kappen Asking Alexandria ziemlich konsequent. Shouts packt Worsnop nur sehr vereinzelt aus, Ben Bruce konzentriert sich im Songwriting auf leicht verdauliche Modern Metal-Strukturen. Das Bild prägen Stadion-Refrains und Riffing, das bisweilen sogar an Disturbed erinnert ("When The Lights Come On").
In "Empire" überrascht Rapper Bingx mit einem (sehr ausführlichen) Gastauftritt, während im Hintergrund liebliche Indie-Pop-Elektronik dudelt – Linkin Park grüßen herzlich. Mit "Vultures" steht im Herzen der Platte eine größtenteils akustisch gehaltene Ballade.
Aggressivität setzen Asking Alexandria nurmehr pointiert ein, etwa in "Into The Fire", wo Worsnop nach zweieinhalb Minuten komplett am Rad dreht und zu stampfender Gitarre kreischt und faucht, was das Zeug hält, nur um dann nahtlos wieder in den eingängigen Alternative-Refrain zurück zu wechseln.
Wenn, wie in "Rise Up", die Vocal-Effekte nur so funkeln und im Hintergrund auch noch munter Background-Harmonien säuseln und in "When The Lights Come Down" gesamplete Jubelrufe um Aufmerksamkeit heischen, riecht das zwar extrem nach dem Streben nach Radio-Airplay, kommerziellem Erfolg und auch ein bisschen nach Hybris. Allerdings muss man Asking Alexandria zugestehen, dass sie es mit diesen Tracks durchaus verdient hätten, im Mainstream Anklang zu finden.
Nicht alle der zwölf Tracks zünden gleichermaßen (ausgerechnet das metallische "Eve" rauscht belanglos vorbei), zumal bisweilen die Pathos-Schicht für meinen Geschmack einfach doch zu dick und die Anbiederung zu deutlich ausfällt ("Empire", "Room 138"). Gleichzeitig liefern Asking mit "Hopelessly Hopeful" und "Where Did It Go?" zwei richtig fette Kracher und beweisen ihre Daseinsberechtigung, gerade dank der Abnabelung vom alten Sound.
Immensen Anteil daran, dass die stilistische Neuausrichtung "Asking Alexandria" insgesamt funktioniert, hat Rückkehrer Worsnop. Er liefert die beste Performance seiner Karriere. Angesichts der Kraft, die Worsnop entfesselt, ist es kein Wunder, dass Asking so viel Wert auf Clean-Vocals legen. Sein Solo-Ausflug "The Long Road Home" mag musikalisch zwiespältig ausgefallen sein, sein Selbstbewusstsein und die Variabilität seiner Stimme wuchsen daran aber anscheinend enorm.
Zu welch hervorragenden Melodien der Mann in der Lage ist, zeigt er im bereits erwähnten Doppelschlag "Hopelessly Hopeful"/"Where Did It Go So Wrong", allein stimmlich betrachtet bleibt vor allem "Vultures" im Gedächtnis. Die Instrumente halten sich im Hintergrund, Worsnop packt sich das Stück auf die Schultern und sorgt mit seiner rauchigen Stimme und emotionalen Ausbrüchen für viel Dynamik. Es erscheint bezeichnend, dass die Songs, in denen Worsnop eingeschränkt agiert und sich den Riffs unterordnet, die schwächeren des Albums sind.
"Wir behandeln 'Asking Alexandria', als sei es unser erstes Album – deshalb haben wir es auch so genannt", erklärt Worsnop. Man sollte ihn getrost beim Wort nehmen. Asking Alexandria klingen so erwachsen wie nie, die Songs sind kompakt geschrieben und es finden sich einige Hits darunter. Einige Durchhänger lassen sich zwar nicht leugnen, dem Hörspaß am Album als Gesamtes tun sie aber nur bedingt Abbruch.
3 Kommentare mit 2 Antworten
Eine der wenigen Bands, bei der ich die Entwicklung hin zu einem softeren, aber reiferen Sound wirklich begrüße. Bin sehr gespannt auf den weiteren Werdegang.
Klingt teilweise stark nach Fall Out Boy, nur etwas härter. Aus meiner Sicht wenig eigenständig, weil durch's ganze Album die Parallelen zu FOB, Linkin Park & Co. zu groß sind. Scheint der Trend zu sein vom Gaspedal zu gehen, sich "neu" zu erfinden, um besser in den Charts mitmischen zu können.
Jep, aber vielleicht werden Musiker - genauso wie alle anderen Sterblichen eben auch - einfach erwachsen und haben irgendwann keinen Bock mehr auf Emofrisuren, Duckfaces auf Promobildern, cringy Krabbenmoves in Musikvideos und unmusikalische Breakdown-Verkettungen? Ich weiß, das klingt verdammt abwegig.
dreckskapelle, natürlich ungehört 1/5.
Ja. Ich höre ja gerade ganz begeistert world of tomorrow-south German brutality und möchte eine bollo-phodze mit heimnehmen