5. Oktober 2021

"Wir sind eine komplett neue Band"

Interview geführt von

Asking Alexandria im Arbeitsrausch: Gerade mal 16 Monate nach der Veröffentlichung ihres letzten Albums "Like A House On Fire" beglücken die Briten ihre Fans mit neuem Studiomaterial.

Eingefleischte Asking Alexandria-Fans mussten satte zehn Jahre auf diesen Moment warten: Anfang des Jahres versammelte sich die Ur-Besetzung der Band in einem einsamen Haus in Franklin, Tennessee, um gemeinsam mal wieder etwas Studioluft zu schnuppern. Mehr als ein halbes Jahr nach den "Franklin-Tagen" liegt nun endlich das musikalische Ergebnis dieser Zusammenkunft auf dem Tisch. Auf ihrem neuen Studioalbum "See What's On The Inside" präsentieren Asking Alexandria eine detailverliebte Klangreise durch nahezu alle Sparten der Rock- und Metalwelt. Kurz vor der Veröffentlichung des neuen Werks trafen wir uns mit den beiden Band-Chefdenkern Ben Bruce und Danny Worsnop zum Interview und sprachen über Tacos, neue Sounds und kosmische Kräfte.

Danny, Ben stößt etwas später dazu. Lass uns aber doch schon mal anfangen. Bevor wir über das neue Studioalbum reden, würde ich gerne von dir wissen, wie es sich angefühlt hat, als ihr das erste Mal seit zehn Jahren gemeinsam in einem Proberaum wart. War die Magie der Anfangstage sofort greifbar?

Danny Worsnop: Ich würde mal sagen, dass wir die ersten zwei oder drei Tage damit zu tun hatten, dass nichts kaputt geht. (lacht) Nein, Spaß beiseite. Wir waren immer eine Band, die das große Ganze gelebt und auch genossen hat. Wir hatten immer viel Spaß zusammen. Irgendwann ist uns aber klar geworden, dass die Band mehr ist als nur ein Spaßprojekt. Das ist unser Job, unser Leben, unser ein und alles. Wir sind mittlerweile viel professioneller und seriöser im Umgang mit den Dingen, die für die Band wichtig sind. Und dazu gehört natürlich auch das gemeinsame Proben. Darauf haben wir in der Vergangenheit nie besonders viel Wert gelegt. Jetzt sind wir ein Album mal wieder komplett als Team angegangen. Das hat sich richtig gut angefühlt.

Ben ist jetzt auch dabei, sehr schön. Ihr habt euch zu Beginn des Jahres in ein Haus in Franklin, Tennessee einquartiert, um die Arbeiten am Album aufzunehmen. Alle waren in den kompletten Prozess involviert. Wie hat sich das angefühlt?

Ben Bruce: Wir haben uns davor ungefähr 18 Monate lang nicht gesehen. Das war eine ziemlich schwierige Zeit für alle. Es war schon etwas komisch und sehr aufregend. Ich meine, in der Zeit, in der wir uns nicht sehen konnten, kamen Kinder zur Welt. Wir haben nicht ein einziges Konzert spielen können. Es war wirklich seltsam, als wir uns dann plötzlich alle wiedergesehen haben. Ich kann mich noch gut an den ersten Abend erinnern. Danny war schon vor mir dort. Als ich ins Haus reinkam, stand Danny in der Küche und hat für alle Tacos gemacht. Das waren doch Tacos, oder?

Danny Worsnop: Ja, das waren Tacos!

Ben Bruce: Es war ein cooler Moment. Wir haben aber nicht gleich über Musik oder die Band geredet, sondern erst einmal über alles andere gesprochen. Die Musik, die Aufnahmen und die ganzen Themen rund um die Band: Das alles kam erst später. Als es dann so weit war, haben wir natürlich alles aufgesaugt. Wir waren in dieser Konstellation seit über zehn Jahren nicht mehr gemeinsam in einer Studiosituation. Das war natürlich alles extrem emotional.

"Wir wollten dem Album keinen Zeitstempel aufdrücken"

Hattet ihr eine musikalische Grundidee für das Album?

Ben Bruce: Nein, überhaupt nicht. Schlussendlich klingt die Platte genauso, wie sie klingen sollte. Wir haben alle zusammen in einem Raum live gespielt. Da war eine unheimliche Energie präsent, von der auch Danny profitiert hat. Er war mittendrin in diesem Epizentrum. Diese Gefühle und diese Power konnte er dann in seine Parts mit reinnehmen.

Was hat es mit dem Albumtitel "See What's On The Inside" auf sich? Es gibt ja auch einen gleichnamigen Song auf dem Album.

Ben Bruce: Auch wenn es vielleicht seltsam klingt, aber der Songtitel und die Bedeutung des Albumtitels, das sind zwei völlig verschiedene Ebenen. Beim Albumtitel haben wir uns die letzten Jahre immer unheimlich schwergetan. Das war immer eine ganz schwere Geburt. Diesmal hingegen war es sofort klar. Ich würde sogar so weit gehen und behaupten, dass wir noch nie ein Album mit einem passenderen Titel hatten. Der Titel fasst das einheitliche Grundgefühl der ganzen Songs perfekt und auf den Punkt zusammen.

Inwiefern hat die Pandemie-Situation in den ganzen Produktionsprozess mit reingespielt? Hat die Isolation irgendetwas maßgeblich beeinflusst?

Bezüglich der Texte wirst du keinerlei Bezug zur aktuellen Situation finden. Das haben wir ganz bewusst rausgelassen, denn wir wollten dem Album keinen aktuellen Zeitstempel verpassen. Aber man muss auch ganz klar sagen, dass es durchaus hätte sein können, dass wir ohne eine Pandemie heute gar nicht über ein neues Album reden könnten. Als "Like A House On Fire" rauskam war abzusehen, dass wir aller Wahrscheinlichkeit nicht würden auf Tour gehen können. Das war im Grunde genommen auch der Grund dafür, dass wir uns mehr oder weniger direkt im Anschluss an die Veröffentlichung des Albums wieder mit neuen Songideen beschäftigt haben.

Danny Worsnop: Wenn man sich das alles vor Augen führt, dann ist das schon echt verrückt. Normalerweise wären wir jetzt gerade mit dem Material des vorangegangenen Albums auf Tour. Stattdessen reden wir jetzt schon wieder über ein neues Album.

Wenn wir schon beim Thema Touren und Konzerte sind: Wo fühlt ihr euch eigentlich wohler, auf der Bühne oder inmitten des Songwritingprozesses?

Danny Worsnop: Ich weiß nicht, wie Ben darüber denkt. Aber wenn man mir die Pistole auf die Brust setzen und mich vor die Wahl "Touren oder Songwriting" stellen würde, ich würde mich immer fürs Songwriting entscheiden. Das ist einfach meins.

Ben Bruce: Mir geht es genauso. Auf der Bühne zu stehen, ist der Hammer, keine Frage. Wenn du einen neuen Song fertig hast und dir vorstellst, wie er später auf der Bühne klingen könnte, das sind schon krasse Emotionen. Aber der Prozess des Schreibens, der Moment, in dem dir bewusst wird, dass da gerade etwas Neues und Großartiges entsteht, das ist mit nichts zu vergleichen.

Auch nicht mit einem ausverkauften Arena-Konzert?

Danny Worsnop: Ich liebe die großen Arenen. Na klar, das sind schon ganz besondere Augenblicke. Ich denke, dass wir auch eine Band sind, die in einer großen Arena am meisten Sinn macht.

Ben Bruce: Wie gesagt, für mich steht das Songwriting über allem. Aber ein rundum gelungenes Konzert ist natürlich auch etwas Großartiges. Ich allerdings steh da mehr auf die großen Festivals. Das sind immer ganz besondere Events, nicht nur für die Bands. Auch die Fans freuen sich meistens schon Monate lang auf dieses eine Wochenende. Dieses große Ganze setzt dann ganz krasse Emotionen und Stimmungen frei. Das beeindruckt und fasziniert mich immer wieder aufs Neue.

"Natürlich hat man auf dieser Reise auch seinen Spaß"

Wir reden gerade von beeindruckenden Songwritingmomenten und imposanten Konzerten. Wann habt ihr eigentlich gemerkt, dass die Band für diese Reise alles hat was sie braucht?

Danny Worsnop: Das war natürlich ein Prozess. Aber als wir die Band gründeten stand nichts anderes zur Diskussion. Wir hatten alle das gleiche Ziel. Dafür haben wir das College verlassen und unsere Jobs geschmissen. Wir haben von Anfang an alles der Band untergeordnet. Ich hatte es ja eingangs schon kurz erwähnt. Natürlich hat man auf dieser Reise auch seinen Spaß. Aber mittlerweile sind wir gestandene Männer mit Verantwortung. Du kannst die Band heute nicht mehr mit der Band vor zehn Jahren vergleichen. Wir sind komplett andere Menschen. Unser Aussehen, unsere Ansichten, unsere Arbeitsweise, unsere Attitüde: Das ist jetzt eine komplett andere Band.

Wie habt ihr zu Beginn eurer Karriere dem ganzen Druck standgehalten?

Danny Worsnop: Druck ist immer da. Aber wenn du genug Leidenschaft in dir trägst, dann kann Druck auch große Dinge hervorbringen. Schau dir nur all die tollen Errungenschaften auf dieser Welt an. Vieles davon ist unter immensem Druck entstanden. Druck ist in der Lage, Dinge anzuschieben. Das war schon immer so.

Unter Druck können mitunter auch große Freundschaften entstehen. Ihr kennt euch jetzt schon ziemlich lange. Was macht den jeweils anderen zu einer besonderen Person in eurem Leben?

Danny Worsnop: Wenn man jeden von uns einzeln näher kennenlernt, dann könnte man schon denken, dass wir wahrscheinlich zusammen nicht allzu gut klarkämen. Aber das Leben und die vielen Reisen, die uns verbinden, die haben eine ganz besondere Verbindung entstehen lassen. Ich würde vielleicht sogar von einer kosmischen Kraft sprechen, wenn es darum geht, wie wir miteinander umgehen und wie wir unsere Verbundenheit über die Jahre gefestigt haben.

Ben Bruce: Eine kosmische Kraft, wow! So könnte auch ein Crowbar-Album heißen (lacht). Aber im Ernst: Da ist in der Tat eine sehr, sehr starke Verbindung zwischen uns. Für mich war und ist Danny immer der Mensch, der mich antreibt, und der mich nie aufgeben lässt. Das kommt mir vor allem immer dann zu Gute, wenn ich mal wieder vor einer neuen Gitarrensolo-Herausforderung stehe. Dann treibt mich Danny immer an: "Komm, du kannst das!", hör ich ihn dann immer. Und meistens klappt es dann auch. Das ist schon ziemlich cool. (lacht)

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