laut.de-Kritik

Von Klaus Meine bis Rammstein und Soundgarden.

Review von

"Avatar Country" (2018) war eine gute Platte, schnörkellos und geradeaus. Das Konzept um den Hauptprotagonisten namens King war jedoch nicht zu Ende gedacht. Im steten Wandel, dem sich Avatar verschrieben haben, nahm sich die Combo die Kritik zu Herzen und kreierte mit "Hunter Gatherer" nun ein schlüssiges Werk.

An den musikalischen Eckpfeilern rütteln die Schweden dabei nicht. Thrash, Alternativerock, Punk/Hardcore und Heavy Metal bilden den Pool, aus dem man sich bedient. Mit einem großen Unterschied: Die harsche Gangart überwiegt. Das Quintett ist bereits so groß, dass ein Abendslot auf einem großen Festival nicht fern scheint. Dennoch wählt die Band nicht den leichten Weg, sondern wirft zunächst erst mal mit Pflastersteinen um sich, bevor sie mit diesen den eigenen Weg pflastert.

Avatar sind eine Truppe, die man unmöglich ernst nehmen kann. Oder etwa doch? Die bisweilen extrem kurzweilig komponierten Stücke benötigen die volle Aufmerksamkeit, um den Überblick zu bewahren. Gemäß des Albumtitels pflügt die Formation als Jäger und Sammler durch die metallische Botanik.

Pfeift bei "A Secret Door" etwa Klaus Meine über ein Riff von Daron Malakian? "Scream Until You Wake" bleibt hingegen im Stile des Vorgängers. "Colossus" stapft wie ein zorniger Elefant durch die Boxen und rekuriert zugleich auf Rammstein und Soundgarden.

Das theatralisches Element spielt immer eine wichtige Rolle. Wie ein artistischer Aristokrat lässt der Fünfer die Puppen tanzen. Popkulturell betrachtet, sieht man nicht nur den lächelnden und den weinenden Clown, auch die groteske, Kinder fressende Version à la Pennywise oder der anarchistische Joker fließen in die Maskerade ein.

"Gun" ist eine wunderschöne Ballade, die mit verhuschten Vocals davon kündet, auf jegliche Ellenbogen und Wettbewerb zu verzichten. "Wormhole" spielt mit dissonanten und fließenden Übergängen. Zwölfton-Meister Karl-Heinz Stockhausen wäre ob dieser wilden Klangkaskade im Black Metal-Duktus aus dem Häuschen. Das Hauptriff klingt wie ein tiefer gestimmter Zahnbohrer.

Lob gebührt Johannes Eckerströms Vocals. Auf "Justice" klingt der manisch agierende Fronter mal wie Max "Krawallo" Cavalera, mal wie Erik "Heldentenor" Adams. "Child" manövriert zwischen Nevermore zu "Enemies Of Reality"-Zeiten und Savatage auf "The Wake Of Magellan". "Silence In The Age Of Apes" prescht ordentlich nach vorne: Ähnlich der Thrash-Platte von King Gizzard & The Lizard Wizard fällt der Klang roh und dynamisch aus.

Avatar sorgen mit "Hunter Gatherer" für wunschlos glückliche Momente - dem Blick über ein endloses Landschaftspanorama gleich oder eben dem in ein Glas gutes Bier. Sie verbinden Glam und Gosse vortrefflich - wie heißt es in einem Metal-Märchen der Gebrüder Grimmig doch so schön? "Ach wie gut das niemand weiß, dass ich Funkelstilzchen heiß."

Trackliste

  1. 1. Silence In The Age Of Apes
  2. 2. Colossus
  3. 3. A Secret Door
  4. 4. God Of Sick Dreams
  5. 5. Scream Until You Wake
  6. 6. Child
  7. 7. Justice
  8. 8. Gun
  9. 9. When All But Force Has Failed
  10. 10. Wormhole

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