laut.de-Biographie
Benjamin Biolay
Benjamin Biolay hat keine Chance: Obwohl er sich gar nicht gerne in die Tradition des französischen Chansons gestellt sieht, ist er aus derselben nicht mehr wegzudenken. Ganz im Gegenteil, Biolay gilt Anfang des Jahrtausends in der "Nouvelle Scène" sogar als Retter des Genres. Ein Ruf, der nicht von ungefähr kommt.
Benjamin erblickt am 20. Januar 1973 in Villefranche-sur-Saône in der Nähe von Lyon das Licht der Welt. Musik spielt im Hause Biolay von Anfang an eine große Rolle. Schon früh lassen ihn die Eltern an ihren Hörgewohnheiten teilhaben: Die Beatles, Bob Dylan, auch Bob Marley machen Eindruck. Während er die Musik Jacques Brels interessanterweise vollkommen ablehnt, erhebt Benjamin allen voran Chansonnier Serge Gainsbourg zu seinem Idol. Er erhält Geigenunterricht. Im Alter von 13 Jahren spielt er im Blasorchester seiner Heimatstadt (wie übrigens sein Vater vor ihm) die Tuba. Nicht cool, aber eindrucksvoll. Bedeutend angesagter mutet dem jungen Herrn die Posaune an. Er wechselt das Instrument - eine Entscheidung, die sich bald als richtig heraus stellt. Die Posaune führt Benjamin ans Konservatorium von Lyon. 1990 gewinnt er gleich zwei Wettbewerbe für Nachwuchsmusiker.
Noch im selben Jahr wendet sich Biolay allerdings von der klassischen Musik ab. Er legt die Posaune zur Seite, greift zur Gitarre, und macht seine ersten Schritte auf dem glatten Parkett der Popmusik - sowohl als Solokünstler, als auch mit Band. 1994 ist er Frontmann der Rockband Mateo Gallion, die es sogar zur (vermutlich zu Recht weitgehend unbeachteten) Veröffentlichung einer Live-CD bringt. Zwei Jahre später unterschreibt Biolay seinen ersten Vertrag als Solokünstler bei EMI. 1997 erscheint eine Single, "La Révolution". In den kommenden Monaten arbeitet Benjamin mit unterschiedlichen Künstlern zusammen, unter anderem spielt er bei der Gruppe L'Affaire Louis Trio aus Lyon auf deren gleichnamigem Album; mit dem Bandleader der Formation, Herbert Mounier, ist er freundschaftlich verbunden. Biolays zweite Single aus dem Jahr 1998 trägt den prophetischen Titel "Le Jour Viendra".
Der Tag wird kommen, in der Tat. Wenn man so will, kommt der Tag für Benjamin Biolay irgendwann im Laufe des Jahres 1999. Er trifft auf Keren Ann Zeidel, eine junge Sängerin, die, geboren in Israel, in den Niederlanden aufwuchs, bevor es sie nach Frankreich verschlägt. Aus dieser Begegnung resultiert eine ausgesprochen fruchtbare Zusammenarbeit. Benjamin und Keren schreiben gemeinsam an Kerens erster Soloplatte "La Biographie De Luka Philipsen", die 2000 erscheint.
Dies erregt das Interesse eines Mannes, der - neben Gainsbourg - seit langem zu Biolays erklärten Vorbildern gehört: Henri Salvador. Salvador, ebenfalls ein Veteran unter den französischen Chansonniers, ist angetan von den Fähigkeiten des Songwriter-Duos und zieht sie zur Arbeit an seinem Comeback-Album heran. "Chambre Avec Vue" kommt ebenfalls 2000 heraus; Salvador fängt sich damit den Ruf eines französischen Compay Segundos ein, was er zu nicht unerheblichem Teil Biolay und Zeidel zu verdanken hat.
Für seine Schwester Coralie Clément komponiert Biolay ihr Debütalbum "Salle Des Pas Perdus" sowie weite Teile des Nachfolgealbums. Langsam wird es allerdings Zeit, sich wieder um die eigene Karriere zu kümmern. Sich lange in Geduld geübt, veröffentlicht Biolay im Mai 2001 seinen ersten Longplayer "Rose Kennedy". Henri Salvador hilft beim Gitarrenspiel. "Die Rettung des französischen Chansons", schreiben die einen, "70er-Jahre-Softporno-Musik" befinden die anderen. Klar ist: Die Mischung aus Jazz, Blues, gediegener Popmusik und bombastischen Orchesterarrangements wird wahrgenommen - und Biolay, was ihn freuen dürfte, künftig mit Serge Gainsbourg in einem Atemzug genannt. Sein Talent als Komponist und Arrangeur spricht sich herum.
Benjamin schreibt "Fleuve Congo" für das Comeback von Valérie Lagrange, produziert ein Album für Juliette Gréco - und spielt nebenbei mit "Négatif" (2003) seine zweite LP ein. Eine der Backgroundsängerinnen, die auf "Négatif" zu hören sind, ist Chiara Mastroianni, die Tochter von Cathérine Deneuve und Marcello Mastroianni. Für Benjamin Biolays Biografie deswegen erwähnenswert, weil er mit dieser Dame bald in den Stand der Ehe tritt. Gemeinsam bringen Chiara und Benjamin 2004 das Album "Home" auf den Markt - und wieder sind die von der Presse gezogenen Parallelen hochkarätig: Paul und Linda McCartney liest man da, et voilà! - einmal mehr Serge Gainsbourg und Jane Birkin.
Im Jahr 2004 begibt sich Biolay darüberhinaus auf neues Terrain; er schreibt den Soundtrack zu Arnaud Viards Film "Clara Et Moi". 2005 erscheint sein drittes Soloalbum "A L'Origine", das seine Anhänger erstmals verstört. Das insgesamt düstere, betont rockige Werk findet überraschenderweise wenig Anklang beim Fanvolk und beschert Biolay den ersten Karriereknick.
Ende des Jahres produziert er das Album "Voyager Léger" für Hubert Mounier vom L'Affaire Louis Trio. Im Jahr 2006, inzwischen von Chiara Mastroianni getrennt, debütiert Biolay als Schauspieler in Vincent Dietschys Film "En Visite" und kooperiert mit der Legende Francoise Hardy auf dem eigenen Song "Des lendemains qui chantent", einem Song des Albums "Négatif".
2007 kümmert sich der Komponist auch wieder um eine Fortsetzung der eigenen Musikerkarriere. Für das Album "Trash Yéyé" lässt er die düsteren Gefilde des Vorgängers weitgehend hinter sich und präsentiert ein facettenreiches Werk, das sein vielseitiges Talent gekonnt in Szene setzt.
Dasselbe lässt sich auch für "La Superbe" von 2009 sagen, Biolays erstem Doppelalbum, dessen Soundbild noch opulenter und cineastischer ausfällt. In Frankreich feiert man das Werk als sein Meisterstück - noch vor dem weithin beliebten Debüt "Rose Kennedy". Aufgrund von über 100.000 verkaufter Alben erhält Biolay eine Platin-Auszeichnung.
Bis zu seinem nächsten Werk "Vengeance" (2012) vertreibt er sich die Zeit mit zahlreichen Kollaborationen für Alben anderer Künstler. 2012 tritt er außerdem in der Monteverdi-Oper "Poppea" auf, in der er Poppeas früheren Liebhaber Otho spielt. Ebenfalls mit dabei: Marc Almond als Seneca und Carl Barât als Kaiser Nero. Den seinerzeit noch Ex-Libertines-Gitarristen lädt Biolay bei der Gelegenheit gleich für sein Album "Vengeance" ins Studio ein, das außerdem Gastauftritte von Vanessa Paradis und Julia Stone beinhaltet. 2012 folgt mal wieder eine Hommage, diesmal an Charles Trenet, bevor Biolay sein siebtes Studioalbum angeht. "Palermo Hollywood" erscheint 2016.
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