laut.de-Kritik
Keine andere wackelt so schön mit dem Popo.
Review von Stefan JohannesbergBeyoncé ist Cleopatra. Zumindest zu Beginn ihrer Wembley-Show. Dort räkelt sich das Destiny's Child lasziv und lustweckend wie die ägyptische Königin auf ihrer Sänfte. Sekunden zuvor war sie noch von der Decke geschwebt. Eine Aktion, die das englische Publikum zwar mit wildem Gekreische quittiert, Beyoncé von Konzert zu Konzert jedoch zunehmend schwerer fällt, wie die R'n'B-Queen im Bonus-Material ihrer üppigen VIP-Lounge berichtet. "Ich dachte, ich sei tough, doch nach 15 Auftritten in Folge habe ich diese Abseil-Idee bereut", erzählt der entspannt und sympathisch wirkende Superstar.
Auch auf der Bühne schafft Jay-Zs Ehefrau in spe die Gratwanderung zwischen Professionalität und Down-to-earth-Mentalität. Orientalisch bauchfrei bekleidet und gut bei Stimme startet sie ihr Set mit den Solo-Songs "Baby Boy" und "Naughty Girl". Aufwendige Bühnenbauten und Feuerwerk-Firlefanz braucht Beyoncé nicht. Unterstützt von nur einem DJ und einer Handvoll Tänzer(innen) lässt ihr erotisches "Bootylicious"-Charisma Männerherzen und -hosen eh höher schlagen. Bei so viel Sex-Appeal verwundert es schon ein wenig, dass das Londoner Publikum überwiegend aus Frauen besteht.
Jetzt wird auch klar: Der Spruch von Old School-Lady Lover Lionel Richie, dass bei seinen Konzerten schon viele Männer ihre Traumfrau gefunden hätten, ist endgültig überholt. Wer ein Singledasein fristet, geht zu Beyoncé! Ihre Show würde jedoch in einem mittelgroßen, schweißnassen Club noch stärker und intimer rüber kommen. Gerade beim jammenden Destiny's Child-Medley verlieren sich die animierenden Rhythmen von "No, No, No", "Survivor", "Independent Women" oder "Say My Name" im Soundbrei des Saals.
Beyoncé hüpft auch nicht wie einst Janet Jackson über die Bühne, und gewisse Entertainerqualitäten gehen ihr ebenfalls ab - selbst wenn ihr Becken verführerischer schwingt als Shakiras. Trotzdem beherrscht Beyoncé das Spiel einer Diva. Ungefähr sechsmal wechselt sie die aufreizenden Klamotten. Ansagen sind Mangelware, und bei der Coverversion "Fever" adaptiert sie arrogant verführerisch die modernen Kinomusicals "Moulin Rouge" und "Chicago".
Doch trotz 30er Jahre Swing passt wohl kein Song besser zu Beyoncés Bewegungen und Ausstrahlung als der Jahrhundert-Hit "Crazy In Love". Ein dynamischer Shake Ya Ass-Groove gepaart mit rockigem Live-Sound und roughen Raps, die hier natürlich nur vom Band kommen. Der Song beendet dann auch das kurzweilige Konzert. Zurück bleibt die Erkenntnis, dass J. Lo (arroganter) und Britney Spears (dümmer) keine echte Konkurrenz für Beyoncé darstellen. Wie gerne würde Mann ihr Caesar sein. Oder wenigstens Jay-Z. Ein wenig mehr von Letzterem hätte auch der Bonus-CD gut getan.
Immerhin versucht sich der Rapstar erfolgreicher an der Rose Royce-Nummer "Wishing On A Star" als seine Verlobte. Auf dem zu seichten Tune lässt sich ihr aggressive Erotik nicht wirklich entfalten. Ebenfalls stark nach Langeweile klingen die sterile Roger Troutman-Interpretation "What's It Gonna Be" sowie die Entjungferungs-Hyme "My First Time". Okay, wenn Beyoncés Zeilen wie "Baby, I'm not afraid to go the way, but it's my first time" singt, möchte mancher vielleicht sein Schwert ziehen. Nach den House-Remixen von "Crazy In Love", "Baby Boy" und "Naughty Girl" bleibt es dank Dauerwellen-Erotik und Ibiza-Feeling dann doch lieber in der Scheide.
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