laut.de-Kritik
Zwischen vorhersehbar und Überraschung.
Review von Tom KüppersDieses Album war zu erwarten. Dass Biffy Clyro neben dem dicken Rock-Brett ebenso ein Händchen für feinste Pop-Momente haben, ist bekannt. Doch, um das Fazit mal vorwegzunehmen: Ihr aktueller Beitrag zur MTV-Unplugged-Reihe ist derart bewegend, dass gestandene Manns- und Weibsbilder diverse Rührungstränchen verdrücken. Echt jetzt.
Auch wenn die Zutaten laut und leise in den ursprünglichen Kompositionen ohnehin enthalten sind, haben Simon Neil und die Johnston-Brüder ihr Material dem Anlass entsprechend neu arrangiert. Schon deshalb kann man den Schotten eine gelungene Auseinandersetzung mit dem eigenen Sujet attestieren. Allerdings ist nicht jeder Wurf ein Treffer. "Black Chandelier" beispielsweise läuft einfach so durch und kommt nicht an die Studio-Version ran. Dem sich für eine unverstärkte Umsetzung geradezu anbiedernden "Folding Stars" fehlen mangels Rockwucht die dramatischen Akzente. Auch "Opposite" zündet nicht so recht.
Ist das Meckern auf hohem Niveau? Und ob. "Re-arrange" vom letzten regulären Album "Ellipsis" bedarf zwar keiner großartigen Anpassungen, fesselt aber ebenso wie das neue "Different Kind Of Love", das scheinbar speziell für diesen Anlass zusammengezimmert wurde. Das schlägt sich in einer famosen Ensemble-Darbietung nieder. Im "Opposites"-Original ist "Biblical" mächtig, in der Unplugged-Version dann faszinierend zerbrechlich, ja andächtig. Zumindest so lange, bis Neil mit einem (geplanten?) Verspieler für Schmunzler sorgt.
Überhaupt ist die Stimmung auf der Bühne und im Saal hervorragend eingefangen. Wenn mehr als 3000 Fans das altehrwürdige Roundhouse zu London mit ihren "Mon The Bif"-Chören in den Grundmauern erzittern lassen, erzeugt das eine kleine Gänsehaut. Auch die "Wir haben mal das Nirvana-Unplugged-Album nachgespielt"-Anekdote hat es auf die finale Version geschafft. Und ohne Mundharmonika sowieso kein Unplugged, wie Neil vor dem "Puzzle"-Bonus-Track "Drop It" erklärt, der zum augenzwinkernden Dylanesken Americana wird. Ebenfalls schön: Der Ilse-Werner-Gedächnis-Whistle in "Small Wishes".
Das Beach Boys-Cover "God Only Knows" klingt wunderschön intim. Die Version von "Bubbles" kann man sich ohne Probleme in kommenden herkömmlichen Setlists vorstellen, die Streicher in "Machines" treffen mitten ins Herz. "Many Of Horror" schafft es beinahe, die Spannung des Originals zu übertreffen. Lediglich die Frage, warum es das für diesen Abend eigentlich prädestinierte (und auch dargebotene) "God And Satan" nicht auf die Tracklist geschafft hat, bleibt offen.
Mit diesem Album erfüllen sich Biffy Clyro einen lang gehegten Wunschtraum, bleiben dabei aber so eigensinnig wie gewohnt und vielleicht sogar erhofft. Wer ohnehin ein Herz für das Trio übrig hat, wird "MTV Unplugged (Live At Roundhouse, London)" verschlingen, neue Zielgruppen lassen sich mit dieser Platte aber nicht aufreißen. Und das ist verdammt gut so.
4 Kommentare mit 21 Antworten
echte posterboys sind das geworden
Der erste Absatz ihres laut.de-Portraits liest sich insbesondere unter Rezensionen zu ihren jüngeren Veröffentlichungen inzwischen wie blanker Hohn, in diese Richtung könnte mE mal der aktuell im Meilensteinsektor zu beobachtende Revisionismus seitens der Redaktion(spraktikant/innen) gelenkt werden.
Dieser Kommentar wurde vor 6 Jahren durch den Autor entfernt.
"Die Jungs von Biffy Clyro passen so gar nicht in das gängige Pop/Rock-Geschehen hinein. Sie verabscheuen Single-Veröffentlichungen und meiden diese auch gezielt. Wer sich ein Bild von dieser Combo machen möchte, der muss sich ihrer Meinung nach das ganze Album anhören. Die Kilmarnocker erzählen mit ihren CDs ganze Geschichten. Single-Veröffentlichungen sind damit aus dem Konzept gerissene Fragmente." Du hast recht. vor dem Hintergrund der letzten Alben schon fast Satire
Dieser Kommentar wurde vor 6 Jahren durch den Autor entfernt.
Frage mich gerade, was das eine (Portrait) mit dem anderen (Stein) zu tun hat? So wirkt es wie eine Stilblüte kurz vor dem welken, and not more.
Das vereinzelt Steine nicht so richtig zünden wollen, ist mir ja auch nicht entgangen, aber die Portrait sind nach wie vor eine Bank, mit der Laut eher wuchern kann. Gerade weil sie von den "alten Hasen" geschrieben worden sind.
"www.laut.de/_module/comment/add"
Bitte, der Skript schaltet nicht mehr um, richtige Einstellung finden oder raus damit, so ist der sehr nervig. Danke!!!
"Frage mich gerade, was das eine (Portrait) mit dem anderen (Stein) zu tun hat?"
Speedi, nur für dich und weil ein verlängertes Wochenende vor der Tür steht: Die Antwort auf deine Frage steckt bereits in meinem Ursprungskommentar -> "Revisionismus" ist das entscheidende Wort.
In einem Sektor (Meilensteine) kommt er seit einiger Zeit zur Anwendung, in einem weiteren Sektor (Portraits) sollte ihn die Red. evtl. mal häufiger zur Anwendung bringen, da sich über die Jahre nicht ausschließlich die Meinung eines/mehrerer Kritiker(s) zu einem Album ändern kann, sondern darüber hinaus auch das gesamte Selbstverständnis einer Band hinsichtlich des eigenen Wirkens inklusive Fremdwahrnehmung durch Fans.
Wir können auch ohne Fremdworte. Du schlägst also ein überarbeiten der Portrait vor, aus dem Grund weil Musiker/Musikerin oder Band sich verändert haben im Laufe ihres Künstlerlebens.
Wäre schlimm wenn sich Künstler nicht immer wieder neu erfinden, oder? Das Vergangene, wird dadurch ja nicht falsch oder plötzlich ungültig. Wenn sich also etwas gravierendes ändert, das Biopic ergänzen und gut ist. Scheint auch so zu sein, hier bei Laut. Und seien wir doch mal ehrlich, für Biopics gibt es wesentlich komplettere z.b. bei Wikipedia.
Beim Stein verhält es sich anders, ich führe da nicht Buch, aber von den letzten 10 Meilensteinen waren 2-3 Unsinn als Stein und von "neueren" Autoren geschrieben. Wirkte auf mich wie Schlange stehen beim Chef: "Bitte, bitte ich will Stein schreiben. Mein Stein, ganz toll." Na und der Chef hat sich erweichen lassen. Ich finde Steine gehören sorgfältiger ausgewählt und dann nur von den Meistern ihres Faches geschrieben. Das meint nicht, das irgend ein "Praktikant" nicht auch toll schreiben kann, nur meistens brauch er oder sie dafür einige Revisionen.
Biffy Clyro wird für den Stein wohl noch ein paar Alben machen dürfen, wohingegen der Schwenk zu poppigen Songs wohl nicht so gravierend ausfiel, so das es für eine Überarbeitung des Biopics reicht.
Das, was im Porträt steht, sollte zumindest insofern bearbeitet werden, damit deutlich wird wie es anfangs gewesen ist. Man könnte es stehenlassen, sofern man das Präteritum nutzt.
Dass es nie Singles bzw. selten Singles gab, ist allerdings unwahr. Allein „Blackened Sky“ hatte mind. drei Auskopplungen.
Das, was im Porträt steht, sollte zumindest insofern bearbeitet werden, damit deutlich wird wie es anfangs gewesen ist. Man könnte es stehenlassen, sofern man das Präteritum nutzt.
Dass es nie Singles bzw. selten Singles gab, ist allerdings unwahr. Allein „Blackened Sky“ hatte mind. drei Auskopplungen.
"Ich finde Steine gehören sorgfältiger ausgewählt und dann nur von den Meistern ihres Faches geschrieben. "
und ich finde, du solltest dir von den meistern ihres faches große steine an den kopf schmeissen lassen.
Meuri scheint seine Internetferien jedenfalls in den UHU-Werken verbacht zu haben...
Wie war das mit dem Glashaus Para?
Über Molten konnte ich noch lachen, das liegt an Soul und meinem Elefantengedächtnis, Ist schon wahr, die Psyche bzw. Vergangenes spielt einen manchmal böse Streiche. Beneide Soul um seinen Job, heimlich, eigentlich.
"Wie war das mit dem Glashaus Para?"
hä?
Steine werfen, Glashaus, you know?
das habe ich durchaus verstanden. nur ist mir der zusammenhang zu meinem posting nicht ganz klar.
aber gut, ist speedi, da kann man keine allgemein verständlichen aussagen erwarten.
Jemandem große Steine an den Kopf werfen zu wollen könnte in einem Glashaus gefährlich werden....manchmal kann ich speedi durchaus folgen
Para, über dein allgemeines Verständnis fehlen mir jegliche genauen Kenntnisse.
Er ist wieder da. ♥
Ich sehe mich verführt, die Kernaussage meines Eingangskommentars noch weiter zu vereinfachen:
Es wurden inzwischen einige ältere (aus Sicht der Red. "peinliche") Rezensionen in Form von Meilensteinen revidiert. Eine ähnliche Revision mit gleicher Begründung (ohne jedoch die Ehrung/Abwertung als Meilenstein- oder Müllhaufen-Band) könnte sicher auch das ein oder andere Portrait hier gut gebrauchen.
"Ich sehe mich verführt"
Ich gestehe, das geschah ohne böse Absicht!
Ich finde jeden Song auf dem MTV Unplugged sehr schön aber mich stört, dass kein Mut bewiesen wurde. Man hat die sowieso schon ruhigen Lieder genommen und praktisch keinen der härteren Songs in das Unplugged Konzept gezwängt. Die ersten 3 Alben hat man auch einfach ignoriert. Die Setlist ist einfach komplett vorhersehbar und langweilig. Das ist schade und mMn eine vertane Chance. Trotzdem 3/5, da das dargebotene Material sehr gut ist.
Drei mal seit dem letzten Freitag gegeben und mir gefiel es auf Anhieb. Das mag auch daran liegen das ich es gern höre, wenn das Publikum so schön mit macht, aber nicht nur. Nach den MTV Dingern zuletzt von Lindenberg und Maffay, gesellt sich endlich wieder ein brauchbarer Englisch sprachiges Unplugged. Bei 4/5 lande ich auch, vor allem wegen der etwas kurzen (wo sind die ersten 3 Alben?) Setliste. Ansonsten nix zu meckern, hoffe auf ein neues Studioalbum this Year or 2019.
Gruß Speedi
P.S.: Tom, Praktikum bestanden, Glühstrumpf darauf. Ich Golf dann mal weiter!