laut.de-Kritik

Das kann man nicht beschreiben. Das muss man hören.

Review von

Mon The Biffy! Die eigenen Fans sind oft die schlimmsten Kritiker. Das erleben wir tagtäglich im laut.de-Forum und ganz sicher können auch Biffy Clyro ein Lied davon singen. Da erspielt man sich mit drei Alben eine treue Fangemeinde und anstatt heller Freude, dass man es mit dem Viertling endlich zu einem Major-Label geschafft hat, rufen alle "Sellout!"

Doch die geduldigen, großherzigen Schotten ärgern sich nicht und äußern in Interviews sogar Verständnis für die Krakeeler, lächeln sanft und legen mit "Only Revolutions" eine derart erwachsene Indie-Mainstream-Stadionrock-Bombe vor, dass man erstmal nach Luft schnappt. Was für ein Werk!

Eine Vier-Song-Attacke eröffnet das Album und zieht sämtliche Register. Mit "The Captain" werfen sie eine Blendgranate. Hey, da spielt ja ein Orchester mit! Und Bläser! Ist das eine Tuba? Aber da sind auch Riffs. Cooler Groove. Und mitsingen kann man auch. Trotzdem schafft es die Band irgendwie, derart symbiotisch mit diesem Orchester zu spielen, dass man genau weiß: Das sind Biffy Clyro, und zwar noch bevor Simon Neil auch nur eine Silbe gesungen hat.

"That Golden Rule" walzt danach relativ erbarmungslos über die eben erzeugte Stimmung hinweg und lässt mit seiner schroffen Art und diversen Rhythmus- und Tempowechsel wieder keinen Zweifel: Das sind Biffy Clyro. Standen die letzten Alben meist im Zeichen eines minutenlangen Intros, so folgt hier ein ausgiebiges, zweiminütiges Outro. Alles verschoben irgendwie. Aber Biffy.

Verwirrt und glücklich verdaut man diesen Spaß gerade, da tönt mit "Bubbles" das Gitarren-Lick des Jahres um die Ecke. Das kann man nicht beschreiben. Das muss man hören. Es ist kurz, es ist knackig und es macht wahnsinnig gute Laune.

Die Credits verraten, dass auf diesem Track ein gewisser Joshua Homme die Gitarre in die Hand nahm. Ob der Song wohl von ihm ...? "No, he didn't do the good stuff!", fuhr mir ein selbstbewusster Simon Neil im laut.de-Interview dazwischen. Alles klar. An Selbstbewusstsein mangelt es hier keinem.

Es folgt der Bruch. "God & Satan" ist eine zarte Akkustikballade mit philosophischer Tiefe, wie man sie von den Biffys bislang nicht kannte: "I talk to god as much as I talk to satan / 'cause I want to hear both sides."

Hier zeigt sich das große Potenzial, das sich in Simon Neils Songwriting verbirgt. Ein ähnliches Stück findet sich mit "Many Of Horror" auch im zweiten Teil der Platte. Hier jedoch mit herzerreißenden Lovesong-Lyrics, zu viel Pathos und fast schon schmalzigem Orchester-Finale.

Doch die vier Opener stehen stellvertretend für den Rest der Platte. Biffy Clyro schaffen es auf Albumlänge mit charmanter Leichtigkeit, stadiontaugliche Kopfnick-Riffs ("Mountains", "Shock Shock") und Balladen (wunderbar: "Know Your Quarry") mit Biffy-typisch verschachteltem Kopffutter ("Booooom Blast And Ruin", "Cloud Of Stink") zu vermischen.

Da endet vielleicht nicht jeder Song als Übertrack, aber das Album ist insgesamt stimmig, klingt wie aus einem Guss und nährt die Vorfreude auf die seit eh und je großartigen Liveshows.

Trackliste

  1. 1. The Captain
  2. 2. That Golden Rule
  3. 3. Bubbles
  4. 4. God & Satan
  5. 5. Born On A Horse
  6. 6. Mountains
  7. 7. Shock Shock
  8. 8. Many Of Horror
  9. 9. Booooom, Blast & Ruin
  10. 10. Cloud Of Stink
  11. 11. Know Your Quarry
  12. 12. Whorses

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