laut.de-Kritik

Glattgebügelt wie eine sexy Hausfrau.

Review von

Hass, purer Hass schlägt Big Sean in so manchem Hip Hop-Forum entgegen, Verbalhornungen wie "Hall Of Lame" oder "Hall Of Shame" finden sich auf Twitter hinter dem Raute-Zeichen wieder, und Trolle knüpfen sich seine – bei "Hall Of Fame" eher mittelmäßigen – Verkaufszahlen vor wie Hobbits. Warum? Zumindest nicht wegen schwacher Skills.

"It's crazy how much that you can see with your eyes closed / 'Specially if you've got a vision / Or how you could have everything / And still think about everything missing."

Der Detroiter droppt über No.IDs Soul-Pop-Beat "All Figured Out" auf den Punkt doppelbödige Zeilen - wie immer mit seinem klaren Flow ohne Ecken oder Kanten. Vielleicht ist es tatsächlich der fehlende Gripp. Obwohl: Die ultra-poppigen, aber gar nicht so schlechten Tunes "Ashley" und "Beware" bringt ein Mac Miller genauso und hat trotzdem Erfolg. Ergo: Ihm fehlt die kritische College-Masse. Trotzdem bleiben dem smarten Zwanziger genug potentielle Fans. Ob er zu wenig polarisiert?

Fakt ist: Big Sean lässt sich nicht einordnen. Auf der einen Seite glattgebügelt wie sexy Hausfrauen, auf der anderen im Duell auf Fast-Augenhöhe mit Common, Kendrick ("Control", nicht auf dem Album vertreten) oder Nas. Fans lehnen hypertalentierte Allrounder anscheinend ab, die sich nicht in Schubladen stecken lassen. Allerdings schwankt Sean über Albumlänge doch zu oft zwischen Kreis- und Weltklasse.

In die richtige Richtung grooven "Fire", als Kanye-Kopie mit mächtiger Soundwellenwand, die Sean gut reitet, sowie das soulig knisternde "First Chain" mit Nas und Kid Cudi sowie "Nothing Is Stopping You" mit Pharrell Williams. Auf beiden Tunes erzählt der Detroiter unaufgeregt stimmig spannende Geschichten aus seinem Leben.

In die falsche Richtung laufen dann vor allem aber "10 2 10" und "You Don't Know". Beide No ID-Produktionen holpern und stolpern langweilig durch die Minuten, ohne das Big Sean rettend eingreift. Ein Nas, der auch maue Beats zu richtigen Songs veredeln kann, ist er wohl doch nicht. Der "Hall Of Fame"-Rest arbeitet sich durchschnittlich bis überdurchschnittlich an den angesagten Beats ab, ohne auf meine Replay-Liste zu kommen.

Trotzdem ist das Album kein Grund zu haten. Immerhin hatte es sein 2012er Mixtape-Erfolg "Detroit" neben den datpiff Top 10 auch auf Platz 23 der laut.de-US-Rap-Top 250 gebracht. Es ist also gar nicht zu lange her, dass er in seinen Skills und Style die richtige Mitte gefunden hatte.

Big Sean kann manchmal nix und manchmal alles, und manchmal ist das genau eine Sache zu viel.

Trackliste

  1. 1. Nothing Is Stopping You
  2. 2. Fire
  3. 3. 10 2 10
  4. 4. Toyota Music
  5. 5. You Don't Know
  6. 6. Beware - Big Sean, Featuring Lil Wayne, Featuring Jhené Aiko
  7. 7. First Chain - Big Sean, Featuring Nas, Featuring Kid Cudi
  8. 8. Mona Lisa
  9. 9. Freaky
  10. 10. Milf - Big Sean, Featuring Nicki Minaj, Featuring Juicy J
  11. 11. Sierra Leone / Greedy Ho's
  12. 12. It's Time - Big Sean, Featuring Jeezy, Featuring Payroll
  13. 13. World Ablaze - Big Sean, Featuring James Fauntleroy
  14. 14. Ashley - Big Sean, Featuring Miguel
  15. 15. All Figured Out
  16. 16. Mula Remix
  17. 17. Switch Up
  18. 18. Guap

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