laut.de-Biographie
Blackberry Smoke
Die Musikindustrie ist hart und manchmal auch einfach nur unfair. Davon kann die US-amerikanische Southern-Rock-Band Blackberry Smoke nur zu gut ein Lied singen.
2000 in Georgia gegründet, befindet sich die aus Charlie Starr (Lead-Gesang), Richard Turner (Bass, Gesang), Brit Turner (Schlagzeug), Paul Jackson (Gitarre, Gesang) und Brandon Still (Keyboard) bestehende Gruppe lange Zeit im Limbus. Dieser Zustand ist der Tatsache geschuldet, dass sich das Quintett gerne ausprobiert und stilistisch nicht einordnen lassen will. An erster Stelle steht der patriotische Southern Rock, dennoch sind die vielen Einflüsse aus Gospel, Jazz, Blues oder Rock'n'Roll nicht zu überhören.
Mit solchen Genrekreuzungen bewegen sich Blackberry Smoke jedoch gerade in den Südstaaten der USA größtenteils hinter feindlichen Linien. Für Starr eine klare Sache: "Wir hatten da viel Verwirrung, denn Amerikaner möchten gerne alles in eine Schublade stecken, damit sie es leichter verstehen können. Für viele Country-Fans waren wir eine Rock'n'Roll-Band. Und für die Rock'n'Roller war unser Country-Einfluss zu groß."
Kein Wunder, dass zahlreiche Labels und Radiosender jahrelang kein Interesse zeigen. Die Musik sei zwar gut, aber niemand wisse, wo sie vermarktet oder gespielt werden solle. Folglich entwickelt sich das erste Album "Bad Luck Ain't No Crime" im Jahr 2003 zum kommerziellen Flop. Mit Hoffnung auf ein Erfolgserlebnis im Zuge der zweiten Platte "Little Piece Of Dixie" kommt es jedoch sogar zum Supergau. Kurz nach Release geht ihr Label BamaJam Records bankrott und das Album verschwindet im Nirvana.
Trotzdem leben Blackberry Smoke während ihrer Gigs in kleinen Bars des Landes den exzessiven Rock'n'Roll-Lifestyle wie die großen Vorbilder Lynyrd Skynyrd und die Allman Brothers. Es ist auch die Zeit, in der die Gruppe kurz davor steht zu implodieren. Alkoholkonsum und Drogenmissbrauch werden zunehmend unkontrollierter und zerstörerischer. Vor allem Starr und Schlagzeuger Brit Turner geraten regelmäßig in verbale und physische Auseinandersetzungen, da keinem außer Turner in den Momenten des Rausches die unausweichliche Abwärtsspirale der Drogen- und Alkoholexzesse bewusst ist.
Trotz aller schrillenden Alarmglocken tritt das unausweichlich geglaubte Szenario der Trennung nicht ein. Frei nach dem Motto "Aller guten Dinge sind drei" sorgt die Vorlaufzeit des dritten Albums "The Whippoorwill" sowohl in den Reihen der Band als auch in ihrem Umfeld für diverse Umbrüche. Das Durchhaltevermögen der robusten Südstaatler ermöglicht allem voran den Schritt zum erfolgreichen Entzug.
Simultan macht sich trotz weiterhin fehlender Radiopräsenz auch das unermüdliche Touren durch die Staaten zunehmend bemerkbar. Mit neuem Labelvertrag bei Southern Ground und einer wachsenden Hardcore-Fanbase im Nacken, debütiert "The Whippoorwill" 2012 auf Platz 40 der US-Country-Charts.
Zwar hält die Zusammenarbeit mit Southern Ground aufgrund von Differenzen und Missmanagement nicht lange, dennoch gestaltet sich die Suche nach einem neuen Label infolge des hart erarbeiten Erfolgs im erneuten Anlauf einfacher. Wenig später landet die Gruppe 2014 in neu etablierter Zusammenarbeit mit Rounder Records ihr erstes Nummer-eins-Album, obwohl die Aufnahmen dafür nicht mehr als zwei Wochen in Anspruch nehmen.
Dem zu diesem Zeitpunkt nicht mehr aufzuhaltenden Höhenflug folgen die Alben "Like An Arrow" im Jahr 2016 und "Find A Light" nur zwei Jahre später. Dass sie den Erfolg von "Holding All The Roses" nicht mehr nur mit einer, sondern mehreren Nummer-eins-Platzierungen nochmals übertreffen, überrascht bei einem Blick auf die Arbeitsmoral der fünf Mitglieder nur wenig.
Als im Mai 2021 "You Hear Georgia" als nostalgischer Rückblick auf die Wurzeln der Band erscheint, sind die Eskapaden der Vergangenheit nur noch unscharf im Rückspiegel zu erkennen. Mitte Februar 2024 erscheint das achte, erneut von Grammy-Producer Dave Cobb (u.a. Brandi Carlile, Chris Stapleton) überwachte Studioalbum "Be Right Here". Über der Platte hängen gleichwohl düstere Schatten: Drummer Brit Turner leidet seit Herbst 2022 an Krebs und stirbt nur zweieinhalb Wochen nach dem Release im Alter von 57 Jahren an einem Gehirntumor. Bereits Ende 2023 ersetzt in bei Livekonzerten Kent Aberle.
Mit durchschnittlich 250 Konzerten pro Jahr, regelmäßiger Wohltätigkeitsarbeit und Ablehnung jeglicher Redneck-Allüren erweisen sich Blackberry Smoke mit hochwertigen Songs und starken Mindsets als etablierte Sympathieträger in der Welt des Southern-Rock. Von ihrer holprigen Reise sind dabei lediglich ein paar Kratzer zurückgeblieben. "Brit war der wahre Norden von Blackberry Smoke, der Kompass, der die Gesinnung begründete, die diese Band auch weiterhin leiten wird", schreibt die Band nach Turners Tod.
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