laut.de-Kritik
Mit Snoop Dogg im Schlepptau.
Review von Martin Tenschert"Out Of The Black" – da denkt man irgendwie an einen Hybrid aus Falco und Amy Winehouse. Im Fall von Boys Noize ist dieses Album aber kein 'Ich bin wieder da'-Statement, denn er war ja nicht weg, sondern eher die logische Konsequenz seines hochwertigen Outputs.
Hinzu kommt, dass der gebürtige Hamburger Alex Ridha diesmal ein besonderes Gastfeature klarmachen konnte. Snoop Dogg hat zwar auch schon mit David Guetta zusammen gearbeitet, es sei ihm aber angesichts der Collabo mit Alex verziehen.
Ihr gemeinsames Trackmonument "Got It" hat schon ziemliches Hitpotential. Das sparsam instrumentierte und extrem groovende Gerüst lässt dem Alpharüden genügend Platz für seine lustig lässigen Vocals ("... cause I rumble in the jungle like Tarzan").
Die Hip Hop-übliche, langsamere Gangart findet ebenfalls auf "What You Want" Verwendung. Ein rhythmisch sehr vielseitiges Stück, das von Daft Punk'scher Elegie und einem catchy 80er-Sample angetrieben wird - könnte auch von Franzmann-Boss Kavinsky stammen.
Boys Noize hat sich definitiv entwickelt, aber eher in einem evolutionären als revolutionären Sinn. Das Gespür fürs Innenleben seiner Stücke ist sensibler geworden. Eine Mischung aus analogen Klassikern und digitalen Sounds bestimmen das Klangbild der Produktionen.
Die Tracks pendeln zwischen Wärme und Härte. "Reality" veranschaulicht dieses Konzept auf vortreffliche Weise. Epische Sounds mit Hang zu Filmmusik und natürlich die eigene Kindheit mit Vorbildern wie Giorgio Moroder treffen auf modernen, eigenständigen Rave-Sound.
Ein weiteres interessantes Feature ist die Zusammenarbeit mit dem öffentlichkeitsscheuen Berliner Siriusmo ("Conchord"), einem Supertalent, von dem man sicher noch viel gute elektronische Schrammelmusi hören dürfte.
Gechoppte Vocalsamples und eine funkige Bassline gehen bei "Ich R U" besonders ins Ohr. Dann bringt eine Acid-Bassline unerwartete Facetten ins Spiel - man möchte sie sogleich nicht mehr missen. Im Hintergrund erahnt man "Knights Of The Jaguar", es gibt aber noch viel mehr zu entdecken.
Die Personalunion aus leidenschaftlichem DJ und besessenem Klangforscher treibt Boys Noize immer weiter und verhindert den Stillstand. Klassische, Maschinengewehr-Samples verschießende Ravebuden dürfen unter der Schirmherrschaft des Lärmjungen selbstverständlich auch nicht fehlen: "Missile" macht da seinem Namen alle Ehre. US Open Airs werden es mögen.
Wobei sich der Grundtenor des Albums eher europäisch orientiert und immer wieder Daft Punk, French House im Allgemeinen oder Acid zitiert werden. Sympathisch bescheiden gibt sich der Wahlberliner und hat für sein recht junges Alter schon viel erreicht. Er behauptet sich zurecht im internationalen Electro-Jetset.
Trotzdem scheint Ridha keinen Erfolgsdruck zu spüren, es klingt keinerlei Kalkül oder Aufgesetztheit aus seiner Musik heraus. Vielmehr macht hier jemand etwas, das er sehr gut kann, immer besser.
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