laut.de-Kritik
Der Gitarrist von Cocker, Maffay, Lindenberg u.a. macht sich selbstständig.
Review von Joachim GaugerDer Schöpfer dieser Songs scheint sich neben dem Musizieren ganz gerne mal einen guten Bourbon und eine dicke Zigarre zu genehmigen. Diesen Eindruck vermittelt zumindest der erste Song. Was da daher gerockt kommt, hört sich nach verrauchter Kneipen-Atmosphäre an – wäre da nicht diese aalglatte Produktion, die die gesunde Rohheit, die diese Art von Musik braucht, fast um ein Haar im Keim erstickt. Kaum zu glauben, dass die Aufnahme angeblich auf nur 24 Spuren gebannt worden sein soll..... Nun ja, dies ist definitiv Musik entweder für andere Musiker oder Menschen, die gerne ausschließlich in Kneipen und nicht in Spielsalons Pool spielen.
Bemerkenswert ist, dass es sich bei Carl Carlton um einen Friesen handelt. Aber wer zum Henker ist Carl Carlton? Wer schon ein paar Lenze auf dem Buckel hat, wird feststellen, ihn womöglich schon einmal auf der Bühne gesehen zu haben, und zwar auf einer riesengroßen. Man höre und staune: Der gute Mann spielte mit Größen wie Mink DeVille, Joe Cocker oder Robert Palmer. Man höre und erschrecke: Auch für Peter Maffay, Wolfgang Niedecken und Udo Lindenberg stellte er seine Dienste bereit. Da danke ich persönlich dem Herrn Palmer auf Knien dafür, Carl Carlton zur Aufnahme seines nun vorliegenden, ersten Solo-Albums überredet zu haben und somit sein Talent nicht nur in den Dienst anderer alter Männer zu stellen. Denn dieses Album ist gut. Man merkt dem Bandleader und diesem Album an, dass der vorliegende Longplayer für den Musiker persönlich längst überfällig war.
Der Gitarrenvirtuose mäht sich aus diesem Grund zwar seine Bahn zwar etwas unsymmetrisch durch den Gemüsegarten, aber das macht nichts, denn hier tobt sich jemand aus. Rock'n'Roll, Soul, Funk, Blues, Latin. Dies alles handwerklich perfekt, wenn auch wenig identitätslos und ohne Überraschungen. Aber Wahnsinns-Backgroundsängerinnnen hat er sich ins Studio geholt. Kein Wunder: Es handelt sich hierbei um Wyzard und Mo von den Mother's Finest. Außerdem sind der langjährige Weggefährte Bertram Engel, Garth Hudson (The Band), Sonny Landgreth (John Hiatt) und Robert Palmer höchstpersönlich dabei. Super-Band, ehrlich.
Wer auf die Stones oder Lynyrd Skynyrd steht, macht mit dem Kauf dieser Scheibe sicher keinen Fehler. AC/DC-Fans werden hier im Gesamtbild den Rock vermissen, Funkadelic-Fans den... na den Funk eben.
Gäbe es Tom Sawyer wirklich, und gäbe es ihn heute, dann würde sich bestimmt diese Platte reinziehen und dabei zusehen, wie die Raddampfer den Mississippi runterschippern. Mein Tipp: Noch mehr Bourbon, noch dickere Zigarren, dann wirds richtig gut.
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