laut.de-Kritik
Rhythmische Vielfalt statt hämmernder Technobeats
Review von Daniel StraubDer Titel von Carl Cox neuestem Longplayer zeigt bereits an, was einen erwartet. Phuture 2000. Das ist einerseits ein Rückblick auf das Jahrzehnt der elektronischen Musik, die aus den dunklen Undergroundclubs an die Spitzenpositionen der Charts aufsteigen sollte. Und andererseits auch ein Ausblick auf das nächste Jahrzehnt mit seinen zahllosen Möglichkeiten des Musikmachens. Wäre Carl Cox ein alter Mann, der jede Minute fürchten muß, der Herrgott könnte ihn zu sich rufen, dann würde man "Phuture 2000" aller Wahrscheinlichkeit nach als musikalisches Vermächtnis bezeichnen. Aber so alt ist Carl Cox glücklicherweise noch nicht. So kann "Phuture 2000" als wegweisende Platte eines Ausnahmekünstlers in die Annalen eingehen.
Los gehts mit "Black Shaolin" [RealAudio-Hörprobe], das mit seinen durchbrochenen Beats und der schnatternden Stimme eines MCs unwillkürlich eine hektische Grundstimmung verbreitet, ohne zum Tanzen zu verleiten. Das wird bei "The Latin Theme" schon anders. Ein komplexes Rhythmuspaket sorgt für lockere Stimmung, die einen vergessen läßt, daß man sich gerade das neue Album des weltbesten Techno-DJs anhört. Durchgängige, hämmernde Beats sind hier absolute Fehlanzeige. Erst die letzten vier Stücke von "Phuture 2000" lassen erahnen, daß Herr Cox einen Großteil seiner Zeit in Clubs oder auf Raves verbringt, wo meist gefragt ist, was reinknallt und die Leute zum Tanzen bringt.
Davor zeigt Cox sein Können mit dem fantastischen "Cosmic Dawn", das Erinnerungen an die Zeit wach werden läßt, als sich die schwarze Hip Hop-Kultur mit der weißen Computermusik zu vermischen begann.
In seiner Gesamtheit besticht "Phuture 2000" durch seine unglaubliche rhythmische Vielfalt, die Genregrenzen bis zur Unkenntlichkeit aufweicht, um jenseits von ihnen nach musikalischem Neuland zu suchen.
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