laut.de-Kritik

Til Schweiger würde dazu wohl Arthouse-Kacke sagen.

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Wenn man wie Cassandra Wilson mit dieser rauchfarbenen Altstimme gesegnet ist, darf sich sofort alles in eine Dauerschleife verwandeln. Und so warten auch auf "Another Country", ihrem bereits 18. Album, hinter jedem verschrobenen Gitarrenakkord sanfte Ohrschmeichler, die die Jazz-Chanteuse ihren ohnehin einlullenden Kleinodien hinzugibt.

Fabrizio Sotti, der schon 2002 mit Wilson "Glamoured" aufnahm, greift auch dieses Mal völlig unprätentiös, fast lautmalerisch in die Saiten. "Another Country" ist eine Koproduktion der beiden, die ihren Anfang in Wilsons Heimstudio in New Orleans nahm. Die Sängerin verbandelte ihre Ideenflüge mit den Fingerfertigkeiten des sowohl-Gitarristen-als-auch-Produzenten Sotti.

Unter deren Federführung spielten die Percussionisten Mino Cinelu und Lekan Babalola, Akkordeonist Julien Labro und Bassist Nicola Sorato in Florenz den Löwenanteil der Lieder ein. Fertig gestellt wurden die Aufnahmen in den renommierten "Piety Street Studios" in New Orleans, auf denen auch der Chor des New Orleans Center for Creative Arts mit dem schillernden "Olomuroro" zu hören ist.

"Red Guitar" nimmt sich wie ein sicherer Lotse die Programmeinführung zu Herzen und gewinnt rasch Vertrauen. Schon schwirrt dieser Tenor im Kopf, der einem zuflüstert, dass es so wie es jetzt ist, auch weitergehen wird. Aber: Ein verlässlicher Sound muss kein vorhersehbarer sein. Sotti gibt sich inzwischen in den Gesangspausen der Rosinenpickerei hin, ohne Wilson den Rang durch besonders fokussiert gezupften Anspruch abstreiten zu wollen (Til Schweiger würde hier vielleicht die Wortzusammensetzung "Arthouse-Kacke" im übertragenen Sinn bemühen).

Sodann schleppt und scheppert der "No More Blues" im Traditional-Mantel weiter. Dem allzu verspielten, neu arrangierten Nebenprodukt des Florenz-Flirts "O Sole Mio" ist die gewollte Laszivität nicht krummzunehmen. Es gibt ja danach wieder das hibbelige "Almost Twelve" oder das sibyllenhafte "Passion", was den Arbeitsausflug in die Toskana rechtfertigt.

Nach dem Rundlauf möchte man Cassandra Wilson einfach nur zum Tanz bitten, sie höflich auffordern, ihr den Arm reichen, sie zur Tanzfläche geleiten und zu all den Rhythmen mit ihr tanzen, die fest in "Another Country" verankert sind. Was wohl ihr Gatte Isaach De Bankolé dazu sagen würde? Wenn man die letzten Jim Jarmusch Filme aus dem Gedächtnis hervorkramt: Wohl eher nicht so viel, wer da an "The Limits Of Control" denkt.

Trackliste

  1. 1. Red Guitar
  2. 2. No More Blues
  3. 3. O Sole Mio
  4. 4. Deep Blue
  5. 5. Almost Twelve
  6. 6. Passion
  7. 7. When Will I See
  8. 8. Another Country
  9. 9. Letting You Go
  10. 10. Olomuroro
  11. 11. O Sole Mio Funk

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