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LAUT.DE-PORTRÄT Clutch

Zu Beginn der 90er Jahre gründen vier junge Burschen, die zuvor dieselbe Highschool in einem Ort namens Germantown, Maryland besuchten, die Band Clutch.

1 Kommentar

  • Vor 15 Jahren

    Da der Lautredaktion keine Promoscheibe vorliegen hat oder schäft, mach ich das mal. Und zwar pro - fes - si - o - nell:

    Seit 6 Studioalben ohne Ausrutscher, die letzten 4 davon in meinen All-Time-Top 20. Und die Livequalität muss man gar nicht mehr erwähnen. Soviel zur subjektiven Statistik. Wenn irgendne Band mir eine berechtigte Blindkaufgarantie aussprechen kann, dann Clutch.

    Beim Auspacken ergriff mich dann auch schon Ehrfurcht. Ob die Jungs eine 100% recyclebare CD-Hülle oder nur eins der geilsten Artworks aller Zeiten als Primärziel hatten: Die Platte sieht so sensationell gut aus, dass die Vorfreude ins Unermessliche steigt.

    Also why the long face?
    Weil die Platte entweder langweiliger ist als alle bisherigen oder nur wesentlich sperriger. So ganz entschieden hab ich mich noch nicht. Der heilige Clutch-Gral war für mich bisher der unwiderstehliche, unmissverständliche und bei jedem Tempo spürbare Groove, der einen Elefant zum swingen bringen würde, der Lahme gehen und Blinde anerkennend mit dem Kopf nicken lässt. Kaum eine andere Heavy-Band hat so viel Soul im Blut. Und genau dieser Groove ist leider das, was man auf dem neuen Album über lange Durststrecken hin vermisst.
    Nach nun über einem Monat in meinem Besitz gefällt mir "Strange Cousins From The West" allerdings schon wesentlich besser als beim ersten Reinhören. Ob es sich dabei immer noch um Einhören oder schon um Schönhören handelt, ist mir egal.

    So viel ist sicher: "American Sleep", "Mercury", "The Incomparable Mr. Flannery" und "You Can't Stop Progress/Power Player", die Opener der letzten Alben, haben zusammen ne eigene Liga gegründet, um für die nächsten 1000 Jahren eine eiserne Fixmarke festzulegen.

    - Der jetzige Opener "Motherless Child" ist dagegen vergleichsweise wenig geeignet, einen Komapatienten wachzurütteln. Nach coolem Intro und schönem Stropheneinstieg passiert nicht mehr viel. Größtenteils ein One-Riff-Song mit vertracktem Schlagzeuggroove aber einfach gestricktem Refrain.

    - Bei "Struck Down" ähnlich. Auf ein simples Strophen-Riff mit erzählendem Blues-Gesang folgt eine extrem coole Bridge und dann wieder ein eher flacher Refrain.

    - "50.000 Unstoppable Watts", die erste Single-Auskopplung, überzeugt partiell mit clutchtypischen genius-Grooves, aber nicht durchgängig, sondern nur sparsam eingestreut. Auch der dritte Refrain der Platte ist keine Offenbarung.

    - "Abraham Lincoln" sehr langsam, sehr strange, nicht uncool, glänzt aber streckenweise durch Langeweile.

    - "Minotaur" kommt dann wenigstens noch mal mit nem geilen knallenden Refrain und dem legendären Clutch-Groove etwas aus der Hüfte. Da sing (in ermangelung eines besseren Wortes) ich auch mal mit und pack die Luftgitarre aus. "Strange Cousins From The West!! *BÄNG BÄNG BÄNG BÄDÄDÄDEDÄNG*". Geil.

    - In "The Amazing Kreskin" dann ein weiteres Highlight. "Are we the ocean? Are we the desert? Are we the garbage?" - in der richtigen Stimmung sorgt der Part für Gänsehaut.

    - "Witchdoctor" für mich kompletter Fail. Läuft mir gar nicht rein.

    - "Let A Poor Man Be" nimmt noch mal verstärkt den Southern-Sound der "From Beale Street..." auf und macht das ordentlich. Sehr geiler Anfang übrigens.

    - "Freakonomomics": Endlich mal Uptempo - eine Erlösung. Schönes Riff, schöner Refrain, geiler Text, schöne Breaks, schöner Groove. Als Hintergrundmusik im NeedForSpeed-Soundtrack würd es auf ner Highspeed-Strecke garantiert für Gänsehaut sorgen. Gutes Lied. Danke.

    - Mit "Aglo Ha Cambiado" immer noch etwas zügiger, aber schon wieder Gas raus. Is mir auch zu eintönig. Die Instrumentalisten haben Zeit für Solos. Nichts besonderes.

    - "Sleestak Lightning": Siehe Witchdoctor. Fängt sogar ähnlich an. Gibt mir nichts.

    Die Summe ist nicht so übel, aber die Last der diversen Goodlike-Vorgänger hängt wie eine lange und ruhmreiche Ahnentafel über einem gemäßigt talentierten Sprössling.
    Doch nach dem ich beim ersten Durchhören schon befürchtet hab, dass der Deal mit dem Teufel geplatzt ist, sie ihre Seelen zurückbekommen und die Genialität dafür abgegeben haben, bin ich doch mittlerweile zufrieden mit dem Kauf.

    Schlagzeuger und Schlagzeugfans werden sich an dem wie immer brillanten hier sehr dominanten Spiel von Jean Paul Gaster erfreuen können, das beim Minimalismus der restlichen Bandmitglieder deutlich im Vordergrund steht.

    Fazit: Die Songs sind nicht schlecht, klingen aber oft wie im Proberaum zusammengejammt und schnell im Studio eingespielt. Ich vermisse die vertrackten einzigartigen Arrangements und saugeilen souligen Grooves dieser congenialen Band.

    Für mich kriegt sie 4 von 5 goldenen Kopfhörern und ich freu mich auf die nächste.