laut.de-Kritik

Poppiger, ohne Konzept, aber eindeutig Coheed And Cambria.

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Da schreibt der Kollege Vogel letztens noch, dass Coheed And Cambria aufgrund ihres Namens niemals aus der Amory Wars-Saga ausbrechen könnten. Tja, Wunder geschehen immer wieder. Nach sieben Alben im Zeichen von Heaven's Fence kappt Claudio Sanchez nun die Verbindung zum bisherigen Bandkonzept.

Der Kurswechsel schlägt sich vor allem textlich nieder. Stilistisch bleibt alles weitestgehend beim Alten. Vielleicht insgesamt ein wenig poppiger, doch "The Color Before The Sun" ist zweifellos ein Coheed And Cambria-Album. Obwohl weder Coheed noch Cambria vorkommen. Wobei man einige Elemente sicher als Referenz zu früherem Schaffen sehen kann.

So beginnt etwa der Opener "Island" mit Bahnhofsgeräuschen. Die Band hat ihren angestammten Platz verlassen, beginnt neu. Auch die Lyrics scheinen auf die Abkehr vom Konzept Bezug zu nehmen: "Get off the island and swim back to shore / Girl, I don't think I could even last one second longer / Cause in these waters I'm done for".

Das zugehörige Riff ist fast schon unverschämt simpel, funktioniert aber sowohl auf Akustik- wie auf elektrischer Gitarre. Die Coheed-typischen Palm-Mute-Parts kommen nicht zu kurz, ein Chor sorgt für das kleine bisschen Pathos, am Ende riskiert man ein wenig mehr Metal im Rock-Potpourri.

Am stärksten präsentiert sich "The Color Before The Sun" in seinen ruhigen Momenten. Besonders einprägsam: "Colors". Im Grunde keine ungewöhnliche Ballade, aber ungewöhnlich gut umgesetzt. Hier passt einfach alles. Egal wie oft das Stück läuft, in der Hook verliert man sich jedes Mal aufs Neue.

Den guten Mittelweg geht "Here To Mars". Ein Liebeslied, nicht zu sanft, nicht zu hart, die richtige Portion Kitsch, ohne es zu übertreiben. Spielt das mal euren Frauen vor. Ungewohnt schichtenarm agiert Claudio bei "Ghost". Der Zuckerguss bleibt diesmal außen vor, einzig Stahlsaitene und Vocals sorgen für Töne. Claudio verzichtet sogar auf seine hohe Stimmlage.

In ähnlichem Klanggewand beginnt "Peace To The Mountain", bleibt zwar insgesamt ruhig, bauscht sich dann aber nach und nach auf. Streicher und Bläser lassen den Song zur Hymne gedeihen. Genau das, was "The Color Before The Sun" zum runden Abschluss benötigt.

Kleine Durchhänger verzeichnet das Album im Dreierpack "Young Love" / "You Got Spirit, Kid" / "The Audience", das im Verhältnis zu den anderen Tracks leicht abfällt. Im Endeffekt stört es das Gesamtbild jedoch nur geringfügig. Der Spagat zwischen Pop und Progressive gelingt Coheed And Cambria einmal mehr. Sie ziehen weiter ihr eigenes Ding durch und überzeugen dabei – ob mit oder ohne Konzept.

Trackliste

  1. 1. Island
  2. 2. Eraser
  3. 3. Colors
  4. 4. Here To Mars
  5. 5. Ghost
  6. 6. Atlas
  7. 7. Young Love
  8. 8. You Got Spirit, Kid
  9. 9. The Audience
  10. 10. Peace To The Mountain

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