laut.de-Kritik
Die zierliche Sängerin wagt sich an eine Herkulesaufgabe.
Review von Daniel StraubDie New Yorker U-Bahn-Linie A kennt jeder Tourist, führt sie doch direkt von Manhattan zum John F. Kennedy-Flughafen. Wer nicht bis hinaus zur Endstation Far Rockaway fährt, sondern vorher an der 104 St. den Zug verlässt, landet mitten in Queens. Hier, wo heute noch viele Einwanderer aus Deutschland, Italien, Russland und der Karibik leben, wuchs die junge Cyndi Lauper auf. "At Last" ist eine musikalische Reise zu den Songs ihrer Kindheit, eine Verbeugung vor den Menschen am Ozone Park und gleichzeitig eine glühende Hommage an die amerikanischste aller Städte.
Insgesamt 13 Songs umfasst diese persönliche Anekdotensammlung. Es ist das erste Lebenszeichen der Sängerin seit ihrem '97er Album "Sisters Of Avalon", lässt man die beiden jüngst erschienenen Weihnachtsalben mal außen vor. Und auch das neue Album wartet nicht mit neuen Kompositionen von Cyndi Lauper auf. Statt dessen wagt sich das einstige Riot-Girl an klassische Songs von Burt Bacharach, Edith Piaf, Jacques Brel und Stevie Wonder. Eine Herkulesaufgabe, die sich die zierliche Amerikanerin da gestellt hat, das wird schon beim flüchtigen Blick auf die illustre Schar der Komponisten klar.
Auch für den Hörer hält "At Last" alles andere als musikalisches Fast Food bereit. Die Platte benötigt Zeit, um ihren Charme zu entfalten. Während einige Interpretationen mit der Zeit wachsen, das Ohr erst ein wenig braucht, um sich an Laupers Stimme zu gewöhnen, wie beim Eric Burdon-Song "Don't Let Me Be Misunderstood", gelingt dieser Brückenschlag nicht in allen Fällen. Beim Edith Piaf-Cover "La Vie En Rose" treten die Grenzen des stimmlichen Umfangs von Lauper deutlich zu Tage. Dünn und brüchig intoniert sie die existentialistischen Verse, reicht dabei aber nie an den charismatischen Fatalismus heran, der den 'Spatz von Paris' zu einer der eindrucksvollsten Bühnenpersönlichkeiten des 20. Jahrhunderts machte.
Zu angestrengt arbeitet sich Cyndi Lauper an einem Großteil der Songs ab. Selten vermittelt sie das Gefühl mit den Liedern eins zu sein. Unentschieden zwischen einer am Original angelehnten Interpretation und einer freien Adaption der Songs, die ihrer eigenen Stimme entgegen kommen würde, übernimmt sich Cyndi Lauper auf "At Last" mehr als einmal, schafft es selten, sich von der übermächtigen Geschichtlichkeit der Lieder zu emanzipieren. Hier ist Cyndi Lauper eben ganz New Yorkerin, getrieben von der Sehnsucht nach dem ganz Großen.
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