laut.de-Kritik

Comfort Food für eine nostalgische Basis.

Review von

Die Weed-Onkels sind zurück in Los Angeles. Nach ihrem psychedelischen Comeback "Elephants On Acid" schließen sich Cypress Hill mit dem Detroiter Produzenten Black Milk für eine halbe Stunde Denkmalpflege zusammen. Die klingt stabil und verschreibt sich ihrem Erbe pflichtbewusst, aber auch ein paar solide BoomBap-Beats und Hooks beantworten die Frage nicht, was genau der Stellenwert eines Cypress Hill-Comebacks 2022 sein soll. Denn auch, wenn sie sich populistisch geben, haben sie den Draht zur musikalischen Gegenwart ihrer Heimat doch schon sehr lange verloren.

"Have you seen the news? They legalized in California" bleibt der Einstieg des Refrains für "Open Ya Mind" im Kopf. Gut ist trotzdem längst nicht alles, denn B-Real und Sen Dog erzählen skizzenhaft von den rassistischen Strukturen der Gefängnis-Industrie. Das Ding bleibt aber, dass die beiden keine herausragenden Storyteller sind. In den Neunzigern haben sie sich vor allem durch Weed-Hymnen und Krawall hervorgetan. Auch sophisticated Produktion von einem der Großen im abstrakten Hip Hop-Genre täuscht da über lyrische ... Schwächen nicht hinweg.

"The humanity, vanity, replaced it's insanity / So many casualties casually forgotten and randomly" rappt B-Real dann an der einen Stelle, an der anderen gibt es Vergleiche mit der Wucht von "So don't you go and get played like PlayStations". Und er ist technisch der gute von den beiden! Das Interessante am Ton dieses Albums ist, dass es definitiv an die gerichtet ist, die mit Cypress Hill aufgewachsen sind. Es hat etwas Rap-Konservatives an sich, nicht nur in den etwas politischer tönenden Lyrics, aber auch im generellen Klang der People Under The Stairs-Soundlandschaften. Ein großes, dröhnendes "so haben wir das halt schon immer gemacht!", Faust auf den Tisch, der Stammtisch nickt.

Es wäre wirklich nicht so schwer gewesen, ein wenig zu gucken, was gerade in der Rap-Stadt LA so abgeht. Auch, wenn man die ganz jungen Leute wie Remble, Ralphy oder die Baby Stone Gorillaz nicht ins Boot kriegt, hat sich musikalisch doch so viel in der Stadt der Engel getan, auf das sich eine Gruppe mit so viel OG-Status beziehen könnte. Aber die Existenz von TDE, von YG, von Game und von Drakeo The Ruler oder Nipsey Hussle erkennt diese Platte nicht an. Mit "and we all rep L.A. 'cause that's our hometown" meint man wohl, dass man sich auf die eingefrorene Erinnerung einer Stadt der Neunziger bezieht.

Hat man sich darauf eingestellt, kann man sich mit einer liebevollen Death Row-Referenz wie "Original" schon anfreunden. Auch Nummern wie "Takeover" oder "Champion Sound" machen Krach, und man kann sie sich gut in einem Live-Setting vorstellen. Black Milk fühlt sich wie eine erfrischende Kontrast-Idee zur sonstigen DJ Muggs-Produktion an, er gibt ihnen etwas, das ihren Jazz-Bass-Loops der Neunziger Tribut zollt, ohne ganz zum Nostalgie-Act zu verkommen.

"Back In Black" mag ein solides Album mit ein paar starken Songs sein, aber es fühlt sich auch wie eine auf dem Weg des geringsten Widerstandes gelöste Aufgabe an. Es klingt, als wolle es Leute abholen, die noch der Blütezeit ihrer Rapjugend nachtrauern, ohne der Gegenwart je eine richtige Chance gegeben zu haben. Dass die Lyrics dabei mehr als ein paar mal durchwachsen und ein bisschen oberflächlich daherkommen, geschenkt. Mit diesem Comfort Food nährt man sich eine nostalgische Basis. Dass man in einem Rapgame, das aus den Neunzigern nun schon ein paar Jahrzehnte herausgewachsen ist, damit keine Rolle spielt, sollte klar sein.

Trackliste

  1. 1. Takeover
  2. 2. Open Ya Mind
  3. 3. Certifiedd (feat. Demrick)
  4. 4. Bye Bye (feat. Dizzy Wright)
  5. 5. Come With Me
  6. 6. The Original
  7. 7. Hit 'Em
  8. 8. Break Of Dawn
  9. 9. Champion Sound
  10. 10. The Ride

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