laut.de-Kritik
Dröhnende Bässe, Fanfaren, Schüsse und Sirenen.
Review von Dani FrommLange hat's gedauert, jetzt kläffen sie wieder, die Hunde des Dark Man X. Was ist zu erwarten? Ich rechne mit sattsam bekannten Hasstiraden gegen die verachtete Fake-Gangsterschaft sowie dem üblichen Gejammer darüber, wie hart das Leben als einzig "echter" Ganove doch ist. Eine knappe Stunde später weiß ich: Ich bin ein Prophet - und fühle mich trotz einer gewissen Absehbarkeit bestens unterhalten.
DMX brüllt sich zu amtlichen Rrrumms heiser wie eh und je den Weg in die nächste Runde frei, die von Swizz Beatz mit mörderischem Druck versehen wird. Dröhnende Bässe donnern unter der hektischen Kulisse aus Fanfaren, Schüssen und Sirenen hinweg. "We In Here" lässt sich so zwar nicht wirklich innovativ an, an Energie mangelt es aber keinesfalls.
Klarer strukturiert fällt "I Run Shit" aus. Unheilverkündend wabert der Bass unter DMX' wütenden Zeilen dahin. Ein Eindruck, den der stimmlich wesentlich zarter besaitete Big Stan noch unterstreicht, dem es aber ebenso nicht an Flow oder Nachdruck fehlt. Eine echte Meisterleistung stellt "Come Thru" dar: Andere brechen Knochen, Swizz Beatz dreht das komplette Skelett zweimal durch die Mühle. Den Staub, der übrig bleibt, ziehen sich die Herren DMX und Busta Rhymes beiläufig die Nase hoch. Hier haben sich zwei gesucht und gefunden, wenn auch Busta den eigentlichen Hauptdarsteller in Punkto Flow locker in den Sack steckt. Egal, die Kombination funktioniert, und wen interessiert bei einem derartigen Killerbeat schon, dass die Hookline ein wenig eintönig gerät?
"The Year Of The Dog ... Again" taugt bestens, um eine beliebige Crowd in einem beliebigen Club zu beliebigem Unsinn anzustacheln. Das Pfund, mit dem DMX wuchert, stellt sich allerdings gleichzeitig als seine Achillesferse heraus: Mit einer Stimme, die tönt, als gäbe es das Reibeisen täglich schon zum Frühstück, kann man derbe zuschlagen - aber auch nur das. Daran ändert der Hauch von Motown-Romantik in "Baby Motha" ebensowenig wie die Uuuh-uuuh-Chöre und das hübsche Saxophon aus "Blown Away".
Warum eine Nummer wie "Dog Love" "strictly for the ladies" sein soll, wird mir ewig unerfindlich bleiben. Ob den Herren der Schöpfung irgendwann mal ein Licht aufgehen und ihnen klar werden wird, dass nicht die komplette Damenwelt mit R'n'B-Grütze zu ködern ist? Die Hoffnung stirbt zuletzt. Ich für meinen Teil bekomm' es jedenfalls tausendmal lieber ordentlich dreckig besorgt (akustisch, ihr Schlingel!), als mir eine Schmachtnummer mit 08/15-Hookline bieten zu lassen, so viel zum Thema "strictly for the ladies".
Ohne Scott Storch-Produktion scheint dieser Tage kein Hip Hop-Album auszukommen. Auch, wenn er, wohin man auch schaut, als Großmeister unter den Produzenten gehandelt wird: Der typischen Verbindung aus dickem Bass und klassischen Handclaps ("Give 'Em What They Want") gewinne ich im Jahr 2006 wahrhaft keine Originalität mehr ab.
"Walk These Dogs" mit Auftritt von Kashmir (bitte gerne mehr) und Produktion von Dame Grease (bitte ausgesprochen gerne noch sehr viel mehr) bereitet ausgiebig Freude: "Bigger, better, stronger, faster" - den Eindruck hatte ich nach dieser arschcoolen, mit funky Bläsersamples durchsetzten Nummer ebenfalls. Elites "Wrong Or Right" rollt voran wie ein Panzer; etwas mehr hiervon, und ich brauche ein neues Genick.
Auf ein trübes "Goodbye" hätte ich dagegen gut verzichten können, ebenso auf die religiösen Ausbrüche in "The Prayer" und "Lord Give Me A Sign" (auch wenn Scott Storch hierfür einen echt melodiösen Ohrwurm zusammen schustert). Ein bisschen weniger Herumgepose mit Knarren und Baseballschlägern, und man hätte vermutlich deutlich weniger Verluste zu beklagen. Um zu ahnen, dass mir der penetrant angerufene Jesus hierbei zustimmen würde, genügt ein sehr kurzer Blick ins Buch der Bücher.
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