laut.de-Kritik
Die Richtung stimmt, doch der Weg ist noch weit.
Review von Dani Fromm"Hallo, Frau Merkel. Ich gewähre Ihnen Einsicht in meine Welt!" Nicht nur die Bundeskanzlerin ist geladen, wenn Daniel Gun aus seinem gewiss nicht ganz einfachen Leben erzählt. "Es ist wieder Zeit für ein bisschen Realness."
Gegen die Flut von deutschen Rappern, die den Harten nur markieren, wirft der Mann aus Hannover echte, weil eigene Erfahrungen mit Justiz, Polizei und dem Elend auf der Straße in den Ring. Dass einer, der aussieht wie er - respektive einer, der sich so zugerichtet hat - tatsächlich am Rand der Gesellschaft steht und so aus einer anderen Perspektive auf das Geschehen blickt, als der Durchschnitts-Bubi, leuchtet ein.
Auch wenn die Rufe nach Rebellion, Widerstand und Anarchie in ihrer kompromisslosen Mit-dem-Kopf-durch-die-Wand-Attitüde zuweilen ein wenig pubertär nach Teenager-Trotzphase klingen: Im Grunde spricht Daniel Gun so manchem - mir jedenfalls - aus tiefster Seele. "Ich verachte noch immer eure ignorante, arrogante, rassistische Lebensweise, ey!"
Politisches Bewusstsein, die Fähigkeit, das eigene Handeln zu reflektieren, sich eine Meinung zu bilden und die dann auch zu vertreten, Ringen um Aufrichtigkeit, Nicht-Hinnehmen-Wollen von Ungerechtigkeit, Willkür, Gier, Umweltzerstörung und Ausbeutung - wenn das keine brandaktuellen Forderungen sind, weiß ich auch nicht mehr. "Jetzt scheiß mal auf Disco, Chicas und Drogen" - es gibt so viele so viel dringendere Themen.
Im Vergleich mit seinen früheren Ergüssen muss man Daniel Gun zweifellos enorme Fortschritte attestieren. Er wendet sich zwar immer noch gegen den Einheitsbrei im deutschen Hip Hop, begeht aber nicht mehr den Fehler, selbst genau den gleichen blutigen Straßenblödsinn zu verzapfen.
Inhaltlich nähert er sich inzwischen den eigenen Ansprüchen, auch wenn etliche Bilder ("Meine Seele breitet ihre Flügel aus", man beißt sich durch mit "Pitbull-Mentalität") und Parolen ("Macht kaputt, was euch kaputt macht!", "Du kriegst mich von der Straße, Junge, doch die Straße nicht aus mir.") inzwischen doch arg abgegriffen wirken.
Technisch entlarvt "Rebellion Der Großstadt" Daniel Gun aber immer noch als zu limitiert, um wirklich mithalten zu können: Zu holprig sein Flow, zu simpel seine Reime. Die betont harsche, kehlige Artikulation soll vermutlich aggressiv erscheinen, klingt aber nur, als sei sie mit aller Gewalt aufgesetzt. Warum presst du so, Junge? Sprengkraft steckt doch schon im Text.
Dumpfe Stottereien des Kalibers "D-d-daniel Gun", "P-p-p-pitbull-Mentalität" oder "G-g-g-g-ghetto-Anarchie" lassen ihren Urheber dümmer dastehen, als er ganz offensichtlich ist. Auch das ewige "Aaa-uuuh-aah-uuh"-, "Woh-woh-woh-woh-woh"- oder "Eeeeeeeey"-Gebrüll tönt primitiver als vermutlich notwendig. Gesungene Hooklines wollen dazu gar nicht passen, erweisen sich zudem - insbesondere in "Neuanfang" - auch für sich allein schon als Totalausfall.
Um derlei Mängel wettzumachen, bewegen sich die Beats mit ihrer Vorliebe für klingelnde Spieldosen-Sounds nicht konstant genug auf hohem Niveau - obwohl sich durchaus Perlen finden lassen: So greift zum Beispiel Jason Beatz' "Intro" mit Geräuschfetzen und Sprechchören, die wie unmittelbar in einer niedergeknüppelten Demo mitgeschnitten anmuten, Daniel Guns Straßen- und Klassenkampf-Thema perfekt auf.
In "Gangsta Gangsta" reitet Daniel Gun flankiert von Silla und dem französischen Kollegen Lony Kleen einen dichten Beat mit wuchtigen, bratzenden Bässen, der Jumpa Beatz gut gelang - im Gegensatz zu der eher mumpfeligen, bassarmen Untermalung von "Monopoly". Die beste Produktion aber birgt "Lichterloh" mit seinen fremdartigen, fast sakral anmutenden Frauenstimmen.
"Eigentlich interessiert mich Deutschrap nicht so", erklärte Daniel Gun im Video-Blog, der die Entstehung von "Rebellion Der Großstadt" begleitete. "Ich komm' aus dem Hardcore, das ist mein Bereich." Möglicherweise wäre er da, was seine Rap-Skills betrifft, auch etwas besser aufgehoben. Sollte er aber dem Hip Hop treu bleiben: Weiter so. Die eingeschlagene Richtung stimmt schon, der Weg ist allerdings noch weit.
9 Kommentare
Wie mir diese aggro 0815-Streetrapper auf den Sack gehen bzw. eher zu Tode langweilen. Der klingt, als wäre er gerade am kacken...
boah ist der schlecht.
Gegen den, wirken Massiv und Haftbefehl wie Tupac und Goethe.
nein, ich vermute es ist die reinkarnation von 2pac. würde wetten das ihn in 2monaten niemand mehr kennt, falls ihn bis dahin jemand kennen sollte.
@Sodhahn (« nein, ich vermute es ist die reinkarnation von 2pac. würde wetten das ihn in 2monaten niemand mehr kennt, falls ihn bis dahin jemand kennen sollte. »):
Die Leute werden fragen:" Wie hiess noch gleich der Kackrapper mit den Tattoos im Gesicht?"
Respekt brauch ich hier ja nicht haben
Kann ja sein, dass ihr seine Texte nicht mögt,
aber sich hier so beschissen zu äußern... peinlich.
Unter meinem Niveau echt...