laut.de-Kritik
Helbock bringt ein ganzes Orchester in ein einziges Klavier.
Review von Markus BrandstetterDer österreichische Pianist David Helbock nimmt sich auf seinem neuen Album mit John Williams einem Giganten der US-amerikanischen Musik an. Williams schuf zahlreiche der bekanntesten Filmmusiken aller Zeiten. Zu seinem Schaffen gehören unter anderem die Musik von Star Wars, E.T., Jaws, Schindlers Liste, Indiana Jones sowie jene der Harry-Potter-Verfilmungen.
Helbock stellt sich auf dem Longplayer, der über das deutsche Jazz-Label Act erscheint, eine interessante Aufgabe: Er überträgt die teils imposant-orchestralen und einen riesigen Wiedererkennungswert besitzenden Stücke auf den Klangkörper (Solo-)Klavier. Dabei verlässt er sich keineswegs auf die Trag- und Strahlkraft der bekannten musikalischen Themen, sondern arbeitet sich – gemeinsam mit dem Hörer erst in deren Richtung, lässt diese oft erst als melodische Andeutungen durchscheinen.
Die orchestrale Dramatik von "Superman March" setzt Helbock beispielsweise als extrem spannungsgeladenen, oft dissonanten Quasi-Boogie um. Hier braucht es meist ein wenig, bis sich das bekannte Motiv heraus kristallisiert. Sind diese einmal da, spielt Helbock mit ihnen, umgarnt sie, zerlegt sie, konstruiert sie vermeintlich neu, stets mit Respekt vor der Original-Komposition.
Helbock setzt die Dramatik der Filmmusik von "Jaws" perfekt um und zeichnet eine bedrohliche Kulisse. Auch der Elegie des "Schindlers Liste"-Themas wird er mit seiner atmosphärischen Version gerecht. Wer den 35-Jährigen schon einmal live oder auf Platte gehört hat, weiß, dass Helbock die Klangfarben seines Instruments auslotet und auch experimentierfreudig zur Sache geht. Ähnlich wie es auch Esbjörn Svensson – den Helbock auch auf dem 2018 erschienenen Longplayer "Tour d'Horizon" als einen seiner Einflüsse würdigt – tat. So spielt er zunächst mit dem (gedämpften) Klang der Klaviersaiten und verleiht dem hymnischen Stück eine eigene Dynamik. Oder er streicht über die Saiten, wie beim Abschlussstück "A Prayer For Peace", schöpft aus den Möglichkeiten des Klangkörpers.
Helbock schafft es nicht nur mit seinem fantastischen Klavierspiel, sondern auch mit seinen vielschichtigen, abwechslungsreichen und klugen Arrangements der Stücke den Hörer aufmerksam ausharren zu lassen, auf die nächste Fährte, die nächste vertraute Melodie, die nächste Erinnerung wartend.
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