laut.de-Kritik

Fiktion, Fraktus, Fanuk: Das verschollene Electro-Album.

Review von

23 Jahre vor Fraktus gab es Fanuks: Unter diesem Projektnamen hatten die Musiker Moritz Reichelt, Kurt Dahlke und Frank Fenstermacher den Plan, sich für die Ewigkeit in die Musikgeschichte einzuschreiben, indem man unendlich Musik produziert und auf eine niemals endende Welttournee geht – sie wollten unsterbliche Mensch-Musik-Maschinen sein. Dieser Posten wurde bekanntermaßen von Kraftwerk besetzt, Fanuks landete wegen technischer Probleme im Rechnerabfalleimer. Die drei machten als Der Plan weiter und sind mit ihrem Minimal Electro nicht nur Vorreiter der Neuen Deutschen Welle, sondern auch Erfinder des "elektronischen Schlagers".

Doch als Fanuks haben sie in den 80er-Jahren schon die Weichen für Techno gestellt und damit irgendwie auch dieses Genre miterfunden. Ihr verschollenes mythenumwobenes Album "Save Your Software" erscheint nun endlich, und die Geschichte klingt verdammt nach Fraktus, der fiktiven Band um die Comedy-Truppe Studio Braun, die mit versponnenem minimalem Electro-Sound sowie dadaistischen schrägen Texten angeblich eine Verwandtschaft zu der Band Der Plan zeige, so im Mockumentary-Film. Hier schließen sich der Kreis und die musikalischen Schaltkreise, die vielleicht jeden Roboter verrückt spielen lassen würden.

Wie Roboter auf Speed und im Selbstlauf klingen dann auch manche Songs auf "Save Your Software": In der frickeligen und funky Hymne "Repair Yourself" wird gescratcht, "LP3" ist Dub gepaart mit Ironie, und der Opener "Copy Copy Machine" klingt wie eine verrutschte Kopie von Kraftwerk. Die Tracks scheinen einer Zeitkapsel entnommen und in ihrer skurrilen Sentimentalität über Computer, Cyberspace oder Copysoftware zeitlos und zukunftsträchtig.

Allein die Idee hinter Fanuks, die auf dem Album im Track "Die Geschichte der Fanuks" erzählt wird, ist filmreif: Zusammen mit dem mysteriösen bayerischen Philosophen Nigelius Senada – der zusammen mit The Residents Musik machte, einer Inspiration von Der Plan – sollte das Konzept in einer bierseligen Nacht im Münchner Hofbräuhaus reifen. Senada hatte die "Theory Of Obscurity" sowie die "Theory Of Phoentic Organization" entwickelt und arbeitete an einer nicht-existenten kalifornischen Supergroup. Er war davon überzeugt, dass eines Tages die Menschheit in Roboter transformiert würde, die wiederum menschliche Eigenschaften hätten.

Vielleicht war er seiner Zeit voraus, die Achtzigerjahre-Technik hielt da nicht mit und so landete Fanuks auf dem Friedhof der Roboter. Dass diese allerdings doch unkaputtbar sind, zeigt diese Veröffentlichung der verschollen geglaubten Songs (+ drei neue Tracks von Der Plan, die auf den Kompositionen von 1989 basieren), die einen perfekten Soundtrack für einen neuen Film über eine fast fiktive Band namens Fanuks ergeben würden ...

Trackliste

  1. 1. Copy Copy Machine
  2. 2. Cyberspace
  3. 3. Uin Uin Mun Kona Bap Uin
  4. 4. LP 3
  5. 5. Repair Yourself
  6. 6. Save Your Software
  7. 7. Die Geschichte der Fanuks
  8. 8. I Can Love
  9. 9. I Want To Sing Like Ella
  10. 10. Fanuk Rock

Videos

Video Video wird geladen ...

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Der Plan

"Keine NDW ohne Plan!" Was auf den ersten Blick recht kryptisch klingt, entpuppt sich bei näherem Hinschauen als musikhistorische Wahrheit. Der Plan …

Noch keine Kommentare