laut.de-Kritik

Wirkungsvolle Effekthascherei, auf Albumlänge unhörbar.

Review von

Als das Phänomen Die Antwoord durch die Blogs zu geistern begann, konnte man sich noch nicht so recht sicher sein. Wie viel der schrägen Selbstdarstellung ist Satire, wie viel bierernst gemeint? Eine Frage, die sich bei Album Nummer drei inzwischen gar nicht mehr stellt: Längst haben Yo-Landi, Ninja und DJ Hi-Tek einen eigenen Sound und vor allem eine ureigene Ästhetik entwickelt, die unabhängig von allen Theorien mitreißen.

Dass ihre ganze Crew-Existenz auf wirkungsvoller Effekthascherei fußt, stört dabei gar nicht, macht Die Antwoord auf Albumlänge aber nahezu unhörbar. Hi-Tek, den seine rappenden Kollegen im Booklet als "greatest rap-rave producer alive" feiern, strickt aus 80er-Samples, 90er-Synthies, Videospiel-Sounds und bewährten Rave-Effekten grandiose, wenngleich stellenweise ziemlich durchschaubar konstruierte Haudrauf-Knüppelbeats.

Der Techno-Herzschlag aus "Happy Go Sucky Fucky" erfüllt seinen Zweck genau so wie der Zirkus-Vibe aus "Raging Zef Boner" oder der rollende Bass aus Yo-Landis Alleingang "Cookie Thumper". Die Dynamik von "Pitbull Terrier" dürfte jeden Technotempel niederreißen. Bei dem finster unter Ninjas Geschwätz entlang rumpelnden Beat zu "Zarz" macht sich unweigerlich Bedauern breit, dass der nur für diese ärgerlich kurze Songskizze Verwendung findet. So weit, so effektiv.

Das einzige, das Die Antwoord neben der Funktionalität in Ehren halten, bleibt auch auf "Donker Mag" wieder der Widerspruch. Ninjas grimmiger Bad-Boy-Attitüde steht Yo-Landis Kleinmädchen-Kieksstimme gegenüber, die wiederum kontrastieren Themen und Vokabular auf das Schärfste. Herr Ninja allerdings kann auf hart und böse machen, so lange er möchte: Er erreicht nicht ansatzweise die alieneske Gruseligkeit seiner allerhöchstens vordergründig harmlosen Partnerin.

Ninja wie Yo-Landi haben - auch wenn sich wieder und wieder die Frage aufdrängt, wie zum Teufel man in dem kantigen südafrikanischen Zungenschlag überhaupt so etwas wie Flow entwickeln kann, durchaus das Zeug zum tauglichen MC. Mit der Bandbreite beider Ausdrucksmöglichkeiten ist es dagegen weder inhaltlich noch technisch besonders weit her. Der immer gleiche Vortrag langweilt auf Dauer halt doch, während die penetrant auf Provokation ausgelegten Ficki-Ficki-Texte irgendwann fast noch mehr nerven als die freigebig eingestreuten Skits.

Eine echte Überraschung führen Die Antwoord dann aber doch noch im Gepäck: Wer das vollkommen nutzlose "Moon Love" überstanden hat, bekommt zur Belohnung noch den Titeltrack serviert. Wie eine vorüberziehende Gewitterwand grummelt "Donker Mag" vorbei, eher ein Zustand als eine Entwicklung. Statt zum 16. Mal zu erklären, auf Regeln und Konventionen, Sitte und Anstand zu scheißen, ringt Ninja hier in einer Art Gebet mit Schuld und Reue, den Dingen, die einen in schlaflosen Nächten so umtreiben. "I wrote dis song at night. I've never written a song at nite", verrät er im Booklet. "I was sad wen i wrote dis song, i've never written a song wen i'm sad b4." Vielleicht sollte der Mann häufiger von seinen Schreibgewohnheiten abweichen.

Trackliste

  1. 1. Don't Fuk Me
  2. 2. Ugly Boy
  3. 3. Happy Go Sucky Fucky
  4. 4. Zars
  5. 5. Raging Zef Boner
  6. 6. Pompie
  7. 7. Cookie Thumper!
  8. 8. Girl I Want 2 Eat U
  9. 9. Pitbull Terrier
  10. 10. Strunk
  11. 11. Do Not Fuk Wif Da Kid
  12. 12. Rat Trap 666 feat. DJ Muggs
  13. 13. I Don't Dwank
  14. 14. Sex
  15. 15. Moon Love
  16. 16. Donker Mag

Weiterlesen

LAUT.DE-PORTRÄT Die Antwoord

Nimmt man die Logik des Internets als Gradmesser für Pop, so dürften Die Antwoord aus Südafrika zu den prägendsten Bands des Jahres 2010 gehören …

6 Kommentare mit einer Antwort