laut.de-Kritik
Eine Verheißung kommender Sommertage.
Review von Sven KabelitzJedes Mal, wenn ein Musiker im Vorfeld einer Veröffentlichung von "seinem persönlichsten Album" spricht, wird irgendwo ein Eichhörnchen überfahren. Dita von Teese dagegen geht ihr Debüt ganz anders an: "Ich hatte nie vor, daherzukommen und zu behaupten: 'Oh, diese Sache, die ich hier gemacht habe, ich habe diese Songs geschrieben", gibt sie im Interview mit Highsnobiety offen zu.
"Es wäre mir viel, viel zu peinlich, auf diese Weise über Musik zu sprechen, weil ich nämlich rein gar nichts über Musik weiß. Ich wollte auch nicht irgendwo auftauchen und mich aufführen, als könne ich singen. Oder auch nur behaupten, ich könne es. Das fühlt sich ein bisschen an, als beobachte man jemanden dabei, wie er versucht, sexy zu sein. Es hinterlässt ein irgendwie unbehagliches Gefühl." Der Preis für das ehrlichste Album des Jahres geht somit schon jetzt an "Dita Von Teese".
Es wäre zu einfach, die Nase zu rümpfen und den Longplayer als schlechten Witz abzustempeln. Der Spruch "Jetzt singt sie auch noch" greift auch nicht: Im Grunde kann man das, was Von Teese hier abliefert, nur mit viel Wohlwollen als Gesang betiteln. Aber es ist immer wichtig, dass man weiß, was man nicht kann. Dann pfeift man drauf und macht es trotzdem.
"Dita Von Teese" funktioniert in seiner Spleenigkeit herrlich: eine leichtflüssige Mischung aus Serge Gainsbourg, Air und Stéphanie von Monacos Ausflug in die Musikbranche ("Irresistible"). Bei diesem Unterfangen hilft Sébastien Tellier nicht etwa, er ist der eigentliche Kopf dahinter. Seine Frau Amandine de La Richardière verfasste die Texte. Die Keyboards übernimmt John Kirby (Solange, Blood Orange), das Schlagzeug Daniel Stricker (Midnight Juggernauts).
"Sparkling Rain" lässt das Album mit einer leichten Kindermelodie beginnen, die jedoch schnell dem Electro-Pop-Sound für entspannte Yacht-Fahrten Platz macht, der nahezu das ganze Album trägt. Mit "Rendez-Vous" findet sich der ultimative "Irresistible"-Nachfolger, auf den seit 32 Jahren niemand gewartet hat. Ein Stück, so vergänglich wie die Sonne, die sich im Poolwasser spiegelt. So einnehmend wie ein Cocktailschirmchen. Man weiß, dass es albern ist, dass man keine große Kunst, sondern Kokolores in der Hand hält, aber man mag es und kann es einfach nicht weglegen. Nur ein Zufall, dass der Song wie die 1993er-Platte der Prinzessin heißt?
Gerade in der ersten Hälfte gelingt "Dita Von Teese", ein bezaubernder Track folgt dem nächsten. Mal 'singt' Dita wie im melancholischen "La Vie Est Un Jeu" auf Französisch, mal spricht sie es ("Parfum"). Eine Jane Birkin macht dies noch lange nicht aus ihr, aber gerade das letztgenannte Lied lässt Tellier wie ein lange verschollenes "Moon Safari"-Stück klingen. Es hätte dem vor zwanzig Jahren erschienen Album nicht schlecht zu Gesicht gestanden.
"The Lunar Dance", hinter dem sich ein "Sparkling Rain"-Remix verbirgt, beginnt mit seiner alleinstehenden Bassdrum wie ein "Blue Monday 2018", um dann doch eine härtere Richtung einzuschlagen. Die Aggressivität des Tracks steht jedoch der Atmosphäre des restlichen Albums störend gegenüber.
Dita von Teese griff bereits in Monarchys "Disintegration" und "Gucci Coocie" von Die Antwoord ("Mount Ninji And Da Nice Time Kid") zum Mikro. Doch niemand fand bisher ein zu ihr passendes Umfeld. Sébastien Tellier vollbringt dieses Kunststück. Am Ende der Zusammenarbeit steht das ebenso schlüssige wie unverkrampfte "Dita Von Teese": eine Verheißung kommender erster Sommertage.
2 Kommentare mit 5 Antworten
Gesanglich ist Dita von Teese mit Charlotte Gainsbourg vergleichbar. Keine große Stimme, aber die Töne werden getroffen und eigentlich sogar ganz angenehm klingend. Das Album lebt natürlich vom Produzenten. Im Gegensatz zu Gainsbourg fehlt allerdings die eigene künstlerische Vision. Es ist eigentlich ein Sebastien Tellier Album - und kein schlechtes.
Gut das sie dank ihrer Burlesque Auftritte schon berühmt ist. Denn ansonsten hätte ihr keine Plattenfirma der Welt jemals die Chance gegeben ihre Stimme auf einer Platte zu veröffentlichen. Denn normaler weiße ist es ein bisschen wenig die Töne zu treffen. Ich treffe auch die Töne und kann sie sogar halten. Aber ich glaube kaum das ich alleine aus diesen Gründen die Chance bekommen werde ein Album heraus zu bringen. Aber heutzutage darf ja jedr auf Grund seiner/ihrer Bekanntheit ein Album veröffentlichen. Und dazu muss man ausdrücklich auch nicht singen können..wie man bei @danielz sieht reicht es wenn man den Ton trifft. Das hat den Vorteil das man nicht enttäuscht wird..denn wenn man keine Ansprüch an das können stellte..kann es auch nicht enttäuscht werden.
Und? Zwingt dich irgendjemand es zu kaufen oder nur anzuhören?
@maibinirupeji:
Definiere bitte "heutzutage".
https://www.youtube.com/watch?v=5N9gsWtUguw
https://www.youtube.com/watch?v=kYMbKcn1KU0
https://www.youtube.com/watch?v=Hg0cpO-UYuQ
Gruß
Skywise
https://youtu.be/kbK2YX1EK_8
(Ja, ist oben schon verlinkt, aber so schön)
https://www.youtube.com/watch?v=6pQ5Xqv6bQk
https://www.youtube.com/watch?v=0jEizWzybOQ
https://www.youtube.com/watch?v=vJ6zah75_RI
https://www.youtube.com/watch?v=AGF5ROpjRAU
https://www.youtube.com/watch?v=lhyzuqTRuJ4
...
Gruß
Skywise
Ich vermute ja, dass Maibi nur neidisch auf den Erfolg von >Frau Teese ist, und es selbst nicht besser hinbekommen würde.