laut.de-Kritik
Die Schwüle des Mississippi-Deltas spürt man auf der Haut.
Review von Klaus HardtDieses Album ist eine musikalische Hommage von Dr. John an seine Heimat "N'Awlinz" (Dialektlautschrift von New Orleans). Selbstverständlich sind immer Einflüsse der afroamerikanischen Musik der Südstaaten bei seinen Blues-Funk-Stücken zu hören, doch bei dieser CD findet eine direkte Würdigung statt. Dazu holte er sich einige Größen der Blues/Jazz-Szene wie B.B. King, Willi Nelson, Randy Newman, Mavies Staples, Cyril Neville, Dave Bartholomew und die Dirty Dozen Brass Band.
Dr. John hat eine gute CD eingespielt. Beim Hören vieler Stücke spürt man die Schwüle des Mississippi-Deltas förmlich auf der Haut. So kann man bei dem melancholischen Eröffnungssong mit Latin-Anleihen gleich das grandiose Pianospiel des Night Trippers genießen. Schade, dass schon nach 2:14 Minuten schon wieder Schluss ist. Da hätte er sich doch noch ein paar Improvisationen hingeben können. Als nächstes folgt in einer ganz eigenwilligen Interpretation das wohl am meisten in New Orleans gespielte Stück überhaupt. "When The Saints Go Marching In" spielt die Band in schleppendem Tempo, darüber führt Mavis Staples den Lead-Gesang in bruchstückhafter Weise. Die Pausen füllt der von Davell Crawford arrangierte Chor mit düsteren Akkorden aus.
Weitere Glanzpunkte des Albums sind die Lieder, bei denen der Dr. die Blechbläser in der für "N'Awlinz" typischen Weise einsetzt. "Lay My Burden Down" und "Time Marches On" mit der Dirty Dozen Brass Band oder "Chickee Le Pas" mit den Wardell Quezergue Horns und den Mardi Gras Indians vermischen in unnachahmlicher Weise tänzerische Leichtigkeit und eine gewisse Schwere, wie es nur im Mardi Gras möglich ist. In eine ähnliche Kerbe schlagen "I Ate Up The Apple Tree", "Stakalee" oder auch "St. James Infirmary", wobei sie mehr in die Blues/R'n'B-Richtung mit Combo-Besetzung gehen. Besonders "I Ate Up The Apple Tree" mit Randy Newman vermittelt eine mitreißende Stimmung mit hautnahem Kneipen-Feeling, so dass Mitsingen fast unvermeidlich ist.
Zwei besondere Fälle sind "The Monkey" und "Eh Las Bas". Dave Bartholomew imitiert mit gedämpfter Trompete beim erstgenannte Stück das Geschwätz von drei Affen, während Eddie Bo erzählt, was die so anstellen. Beim zweitgenannten Song spielt Dr. John mit der Orgel eine Melodie, die auch im guten alten deutschen Schlager vorkommen könnte. Natürlich sind Phrasierung und Rhythmik der Interpretation des Edward Ory-Songs der deutschen Unterhaltung meilenweit überlegen und zaubern einem ein Grinsen ins Gesicht. Darüber hinaus ist es interessant festzustellen, wie direkt sich mitteleuropäische Einflüsse in der Südstaatenmusik wieder finden.
Eher schwach fallen die Stücke aus, bei denen Malcom Rebenack seinen altbewährten Blues-Funk darbietet. "Marie Laveau" oder "Dis Dat Or D'Udda" plätschern so dahin. Ein Laid-Back-Funk-Groove mit ein wenig Backgroundchor und dem knurrigen Gesang vom Bandleader kennt man zu Genüge. Weder Melodie noch Soli oder Begleitung erregen besondere Aufmerksamkeit. Der Altmeister und seine Band spielen hier eher mit Routine als mit Begeisterung.
Insgesamt ist es Dr. John gut gelungen, die feuchtwarme musikalische Stimmung von New Orleans einzufangen. Die zahlreichen Gastmusiker, die Mr. Rebenack nach seiner langen Laufbahn kennt, ergänzen das phantastische Klavierspiel gut und tragen mit zur großen Bandbreite der Musik von Blues, Jazz, Latin, über Mardi Gras, kreolischen Einflüssen, etwas Voodoo- Kult, bis hin zur europäischen Musikkultur bei. Diese Platte führt man sich am bestem an einem drückend warmen Sommerabend mit Drink zu Gemüte und genießt das Leben zwischen Schwermut und Frohsinn.
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