laut.de-Kritik

Alles echt. Echt langweilig.

Review von

Das neue Album der Flensburger heißt "Recorder". Recorder mit C. Das ist englisch und bedeutet Blockflöte. Unter anderem. Blockflöten höre ich keine, aber dafür viele Trompeten, die gleich zu Beginn Bigband-artig trällernd tröten. "Wie geht es dir so", fragt Sänger Kim und ich grummle vor mich hin. "Was macht das Leben danach?" Ich weiß genau, um was es geht, denn es geht, wie immer, um verflossene Lieben. Und ich muss gähnen. Das alte Lied von wegen 'Lass-uns-Freunde-bleiben-blabla'. Musikalisch ist der erste Song auch nicht gerade bahnbrechend, zu seicht, zu glatt, zu gewollt fröhlich: Siehste, Freunde bleiben geht doch nicht.

"Alles wird sich ändern wenn wir groß sind" habe ich noch im Ohr: Diesmal haben die fünf Freunde alle Lieder selbst komponiert, keine Hilfe mehr von Michael van Dyke, Bernd Begemann oder Rio Reiser. Alles echt. Echt langweilig.

Wenig überraschend, ja geradezu obligatorisch, ist auch der zweite getragen-langsame Song "Spurlos". "Ich hatte Zeit heut morgen, ein bisschen nachgedacht...". Ach ja? Zeit hatte er, und das auch noch morgens. Weiter gehts mit "Meisterwerk" und irgendwie scheint das Album die Langsamkeit entdeckt zu haben: "Lange Nächte, wenig Schlaf...". Ganz ehrlich, dieses Lied ist ein prima Schlaflied und könnte heilsam sein. Und ich frage mich rückblickend, was genau die Definition von "morgens" sein könnte. Elf? Zwölf?

Nicht, dass es danach anders wird: Herzzerreißende Geigenklänge: "In dieser Gegend" lässt einen auch nicht aufwachen. Die ganze "Wahrheit" kommt dann in Track fünf: Die Drums stolpern tollpatschig in den Song hinein, der Vocoder-Einsatz gegen Ende wirkt wie eine Persiflage auf "Captain Future" und Kim "sucht die Wahrheit im Vormittagsprogramm". Ich tippe mal auf das "Mittagsmagazin" und zappe mich weiter durch das Album: "Du bist nicht echt". Super Wortspiel, träger Rhythmus, jaulende Saxophone, helle Trompeten.

Und dann ein kleiner Lichtblick: Ein wenig Funk spritzt Leben in die Geschichte. Den Refrain kann man sich merken: Hahahaha. Und wenn man dann bemerkt, dass das Lied "Haar" heißt, muss man doch grinsen. Noch 'n' super Wortspiel. "(Fast) Wie ein Mädchen" featured ein helles Glockenspiel im Hintergrund, die Suche nach den Blockflöten gebe ich nun endgültig auf.

Den Rest spar ich mir, denn es passiert nichts mehr bis zum letzten Lied, das sinnigerweise "Stehengeblieben" heißt. Das Album ist gelinde gesagt langweilig, die Texte weiterhin (post)pubertär, die Trompeten nerven. Ja, Echt sind inzwischen groß geworden, sie schreiben ihre Lieder selbst. Aber das soll nichts heißen. Echt schade eigentlich.

Trackliste

  1. 1. Wie geht es Dir so?
  2. 2. Spurlos
  3. 3. Meisterwerk
  4. 4. In dieser Gegend
  5. 5. Wahrheit
  6. 6. Du bist nicht echt
  7. 7. Haar
  8. 8. (Fast) wie ein Mädchen
  9. 9. Nachbarschaft
  10. 10. Kurz nach dem Aufstehen
  11. 11. An Deiner Seite
  12. 12. Stehengeblieben

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10 Kommentare mit 6 Antworten

  • Vor 16 Jahren

    Warum wird dieses super Album bloß so in den Dreck gezogen? Immerhin wurde hier alles selbst gemacht. Es ist eben alles ECHT und nicht mit langweiligen Computerspielereien und verzerrten Stimmen, wie es leider oft der fall ist, aufgepusht! Ich finde es sehr schade das es ECHT nicht mehr gibt. Sie waren einfach klasse. Ich höre sie immernoch. Mit Songs, wie z.B. "Wo bist du jetzt?" oder "Fort von mir" kann man sich auch heute noch identifizieren obwohl diese songs mittlerweile so um die 10 Jahre alt sind. Die Texte heutzutage drehen sich doch nur um viel Knete, Drogen und natürlich ums ficken. Wer das super findet hat 0 Ahnung von guter Musik. Wie sagt Dero von Oomph! so schön: "Musik muss berühren können. Wenn sie das schafft, ist es gute Musik." und die Songs von ECHT berühren einen wirklich sehr. Man denke da nur an die schönen Balladen, wie z.B. "Weinst du". Für mich ist ECHT eine der besten Bands die es je gegeben hat. Ich werde sie mir immer zu Gemüte führen weil das einfach mal Musik ist, die einen wirklich berührt. Diese Zeilen schrieb ein wahrer ECHT-Fan!

    Schönen Gruß an alle, die diese super Band auch so sehr zu schätzen wissen wie ich!

  • Vor 16 Jahren

    irgedwie schade, dass es die nicht mehr gibt :(

  • Vor 15 Jahren

    Ich habe mich diese Nacht mal über "Echt" informiert, weil ich deren Namen, freilich erst nach reichlicher Überlegung, gerade noch diffus in Erinnerung hatte. Einen Song von ihnen kenne ich allerdings keinen Einzigen, was aber anscheinend auch kein großes Versäumnis zu sein scheint. Ich kann mich nur an die monatelangen plakatähnlichen Aushänge von Bravo und Co. erinnern, die es einem unmöglich machten, diese "Band" zu ignorieren.

    Weshalb also überhaupt die Recherche, wenn ich Null Interesse an dieser "Band" habe? Weil sich die Geschichte wiederholt, und aktuell eine Teenie-Band namens Tostedt Bordell diese Rolle besetzt. Bis die Nächste nachrückt. An "Echt" kann man jedenfalls sehen, wie solche "Karrieren" fast schon obligatorisch immer wieder verlaufen (werden).

    "Echt" wollte nichts mit Bravo zu tun haben, nicht als "Teenie-Band" gesehen werden? Bravo macht solche Bands doch erst; und als Teenie-Band haben sie gerade dadurch oft ihre einzige Chance, überhaupt für die "Zielkundschaft" bekannt zu werden und für einen bestimmten Zeitraum auch zu bleiben. Dabei geht es nicht um deren Leistung, logisch, sondern fast ausschließlich nur um ihr Alter und nach Möglichkeit natürlich Aussehen. Wobei beides unvermeidlich zusammenspielt. Folglich ist der Karriereverlauf incl. Absturz in die Bedeutungslosigkeit vom Zeitverlauf her vorprogrammiert, wenn die Mitglieder dummerweise erst mal den Teenagerstatus verlassen haben. Dann kommt nämlich die bittere Ernüchterung: "Huch - die mochten uns ja gar nicht wegen unserer "Leistung", sondern ausschließlich aufgrund unseres Alters... Faktisch können und leisten wir aber REIN GAR NICHTS".

    Solokarrieren einzelner Bandmitglieder haben demzufolge auch keine Aussicht auf Erfolg. Wer keine Songs komponieren und produzieren kann, der kann es nunmal nicht und wird es auch nicht in ausreichender Qualität lernen. Und das Alter, das für entsprechende "Musiker" nunmal einst das einzige Pfand war, ist dann auch kein "Glücksfall" mehr. Anfang 20? Schwierig; höchstens noch mit Photoshop kundenkompatibel! Mitte 20? Nur in Ausnahmefällen für Bravo überhaupt noch von Interesse; aber auch nur, wenn die Musik Substanz hat. Heißt: Spätestens in diesem Zeitraum bricht allgemein die Promo der Teenie-Magazine weg, und man muß echte Leistung bringen, um wahrgenommen zu werden. Ende 20 oder gar 30 und älter? Keine Chance. Um in dem Alter noch Erfolg zu haben, müßte wirklich außerordentlich gute Musik gemacht werden. Traurig, aber wahr. Mit 25 ist man für Bravo bereits ein Grufti, der für die Leserschaft (i. d. R. weiblich, solo, 12 - 15 Jahre alt) altersmäßig jenseits jeglichen Interesses ist.

    PS.: Was in dieser Hinsicht erwähnt werden sollte: Ich spiele selbst Gitarre, bewerte die Leistung von Musikern allgemein also sehr differenziert; heißt, meine Erwartungshaltung ist entsprechend hoch. Einen pubertierenden Haufen Teenies könnte ich demzufolge nicht als "ausgereifte Musiker" akzeptieren. Ich höre primär nicht so sehr auf die Texte, sondern auf die Musik selbst - die Fähigkeiten der Musiker und die abschließende Abmischung, also Produktion! Wobei allerdings für mich trotzdem de facto kein Song so gut sein kann, als dass er nicht durch einen miserablen Text (dabei ist es egal, in welcher Sprache er ist und sogar, um welches Thema es geht) komplett zerstört werden könnte.

    Tostedt Bordell, am Beispiel "Echt" könnt ihr den Verlauf eurer zukünftigen "Karriere" schon mal im vorhinein verfolgen.
    _________________________________________

    Nochmal PS.: Wortspiele drängen sich bei diesem hirnverbrannten Bandnamen geradezu auf: "Die Band "[b:8b3b2aa000]Echt[/b:8b3b2aa000]" hat sich neu formiert unter dem Namen "[b:8b3b2aa000]SchlEcht[/b:8b3b2aa000]"." "[b:8b3b2aa000]Echt[/b:8b3b2aa000]" als Soforthilfe bei Giftunfällen: "Im Notfall gibt es nichts besseres als "[b:8b3b2aa000]Echt[/b:8b3b2aa000]", damit ihr euch sofort erbr[b:8b3b2aa000]echt[/b:8b3b2aa000]...", ""[b:8b3b2aa000]Echt[/b:8b3b2aa000]" verkauft sich nicht mehr; kann es jetzt womöglich [b:8b3b2aa000]Echt[/b:8b3b2aa000] sein, dass sich die "Musiker" jetzt tatsächlich [b:8b3b2aa000]Echt[/b:8b3b2aa000] um [b:8b3b2aa000]Echt[/b:8b3b2aa000]e Arbeit kümmern müssen? [b:8b3b2aa000]Echt[/b:8b3b2aa000] katastrophal, das schien auf dem Höhepunkt ihres Hypes [b:8b3b2aa000]Echt[/b:8b3b2aa000] für undenkbar" usw. :) Auf jeden Fall: "Echt" (-) ein perfektes Beispiel einer x-beliebigen Teenie-Band-Karriere!

    æclŷpse

  • Vor 15 Jahren

    wen interessiert Deine Eule..?

  • Vor 15 Jahren

    @æclÿpse:
    Das ist schön, aber erstens ist es nicht das, was Du weiter oben gesagt hast ("Einen pubertierenden Haufen Teenies könnte ich demzufolge nicht als "ausgereifte Musiker" akzeptieren.") und zweitens solltest Du Dir besser mal klar darüber werden, über wen oder was Du überhaupt was aussagen willst. Wenn Du einen Thread über Echt wiederbelebst und dann irgendwie eine oberflächliche Meinung zu dieser Band mit Pauschalaussagen zu Teenie-Bands und dann irgendwie noch mit diesen obskuren Tostedt Bordell verwurschtelst, dann wirkt das ziemlich konzeptlos.

    Gruß
    Skywise

  • Vor einem Jahr

    Ich weiß nicht warum, aber ich habe gestern die Echt-Doku in der ARD-Mediathek zu Ende geschaut. Nicht, dass ich je Fan gewesen wäre, aber als Einblick in die "Realität" einer Teenie-Band war das schon sehr interessant. Und jetzt wollte ich mal schauen, wie ihr letztes Album auf Laut bewertet wurde, um es mir im Anschluss mal anzuhören. Hat zumindest neugierig drauf gemacht, die Doku:

    https://www.ardmediathek.de/serie/echt-uns…